Startseite · Interview · Gefragt
Die Geschichte ist fast zu schön, um wahr zu sein: Als der kleine Yutaka einst die Grundschule verließ und schon einmal seinen Berufswunsch äußern sollte, schrieb er: »Ich möchte Dirigent der Berliner Philharmoniker werden.« Immerhin: Der junge Mann hatte damals bereits Klavierunterricht bei der strengen Mama, und er kannte die Berliner Philharmoniker von den Schallplatten seines älteren Bruders. Heute ist Yutaka Sado tatsächlich Dirigent – und hinter dem deutlich älteren Seiji Ozawa unangefochten die Nr. 2 auf der japanischen Bekanntheitsskala. Das hat nicht unwesentlich mit einer TV-Sendung zu tun, die allwöchentlich, jeweils für eine halbe Stunde, klassische Musik in die japanischen Haushalte bringt. Sado ist seit zwei Jahren Dirigent und Moderator dieser Sendung – und immer auf der Suche nach pfiffigen Ideen, nach jungen Musikern und passenden Stücken. »In Japan gibt es eigentlich zu viel Musik, allüberall wird man davon berieselt«, sagt Sado. »Das ist so, als täte man zu viel Gewürze an die Speisen.« Seine Aufgabe ist es somit, die Gewürze besser zu dosieren ... Nicht nur bei diesen »Young People’s Concerts« ist das Erbe Leonard Bernsteins unübersehbar. Sado gilt als »sein letzter Schüler«. Er hat Lenny 1989/90 auf dessen letzten Europa- und Asien- Tourneen begleitet, immer bereit, für den großen, aber schon ziemlich kranken Meister einzuspringen. Was hat er am meisten von seinem großen Vorbild gelernt? Da zögert der 48-Jährige: »Ich glaube, Lennys größte Begabung war es, direkt in das Zentrum einer Sache vorzustoßen – bei Werken genauso wie bei Dingen oder bei Menschen.« Nicht nur, dass er bei seinem japanischen Schüler als erstes die Dirigiertechnik umstellte (»Du bist kein Verkehrspolizist«) – er impfte ihm auch das nötige Selbstbewusstsein ein, das bei dem jungen Mann aus Fernost reichlich unterentwickelt war. Noch heute zieht sich eine klare Lenny- Spur durch das Repertoire des Dirigenten. Zieht man allerdings die Verbindung zu Sados jüngst in Deutschland herausgekommener CD mit Tschaikowskys Fünfter, die 2008 mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin aufgenommen wurde, dann winkt der Japaner – in Anbetracht des nicht eben spannungsfreien Verhältnisses der beiden Dirigenten – lächelnd ab: »Auch wenn Lenny darüber sicher zornig würde: Diese Aufnahme ist eine Hommage an Karajan.« Das ist nicht nur Berlin und dem Aufnahmeort Jesus-Christus-Kirche in Dahlem geschuldet, wo viele von Karajans legendären Schallplatten entstanden, sondern ganz sicher auch der Erinnerung an die Karajan-Sammlung des Bruders! Wobei sich der Kreis im Mai 2011 auf wundersame Weise schließen wird: Dann erfüllt sich der Berufswunsch des jungen Yutaka – und der gereifte Maestro Sado wird erstmals am Pult der Berliner Philharmoniker stehen.
Michael Horst, 25.01.2014, RONDO Ausgabe 3 / 2010
Lippenbekenntnis
Barocke Arien auf dem Horn? Auf seinem neuen Album „Beyond Words“ zeigt der Solist, wie gut das […]
zum Artikel
Französischer Vater der Moderne
Das im traumhaft schönen Salzkammergut stattfindende Kammermusikfestival feiert den Licht- und […]
zum Artikel
Blues In The Closet
Ein gender- und generationenübergreifendes Duo erobert als typische Berliner Ost-West-Beziehung […]
zum Artikel
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Der Komponist Johann Joachim Quantz (1697-1773) war auch ein exzellenter Flötist und nahm als Flötenlehrer Friedrichs des Großen eine privilegierte Stellung im musikalischen Leben am preußischen Hof ein. Viele seiner Werke ebenso wie viele der von ihm gebauten Flöten entstanden ab 1741 exklusiv für den Monarchen. Der belgische Flötist Frank Theuns spielt hier auf einer originalgetreuen Kopie einer Quantz-Flöte einige dieser „Privat-Konzerte“. Theuns und sein sechsköpfigen […] mehr