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(c) Bill Cooper
Juan Diego Flórez ist erst 42 Jahre alt, für einen Tenorsuperstar die beste Zeit. Aber der Peruaner mit den Schäfchenlöckchen und den schwarzen Schmachteaugen weiß natürlich, dass für den tenore di grazia – als dessen stilvollster Vertreter er gilt – die Uhr seiner Rossini- Hänflinge und Bellini-Knaben langsam abläuft.
Er baut klug vor. Zum Beispiel mit Glucks Orphée, eine für ihn passgenaue Zwischenstufe hin zu schwereren Rollenbrocken. Für Flórez ist sie hingegen eine gute Möglichkeit, sich auch mal in der Frühklassik zu erproben, mit heldischeren Tönen, aber einem kleineren Orchester. So wie an der Londoner Royal Opera in tieferer Barockstimmung mit John Eliot Gardiner, dem Gluck-Großmeister, mit dessen Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists. Mit John Fulljames als Regisseur und dem hochgehandelten Choreografen Hofesh Shechter als Kodirektor wurde zudem der Tanzanteil der Pariser Version sehr ernst genommen.
Mag zwar Flórez von Anfang an seinem Star- und Künstlerstatus gerecht werden, Hauptprotagonist dieser hinreißenden Aufführung, bei der in seltener Eintracht der darstellenden Künste alles richtig gemacht wurde, sind Chor und Orchester. Letzteres ist nicht im Graben, sondern auf einem Podium hinter der Rampe platziert, das abgesenkt wird und hochgefahren werden kann. Alles geht von Gardiners flexiblen Tempi aus. Klang durchpulst wie eine akustische Skulptur den minimalistisch gestalteten Raum.
Trauer ist neben der mollfließenden Musik in den verkrümmten oder erhobenen Haltungen des Chores erfahrbar, die sich bald vergrößert und kontrastiert in den grotesk flutenden Körpern von Hofesh Shechters athletischen Tänzern. Unterwelt und Elysium sind sich nahe. Orpheus, der Chor und auch das Publikum scheinen im Glückstaumel des Reigens seliger Geister zu schweben. Nach der Pause aber ist Partnerarbeit angesagt, Paartherapie, die große Auseinandersetzung mit der wiedergefunden Gattin, der Lucy Crowe Ambition und Allüre gibt. Das als Fürstenlob gedachte Ende, die ausufernden Tänze, sie zeigen nur einen doch heillosen Zustand. Man singt in Dur vom Triumph der Liebe, zu sehen ist aber ein wieder allein agierender Mann.
Roland Mackes, 17.10.2015, RONDO Ausgabe 5 / 2015
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