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Die Freude über sein neues Heim steht Thomas Dausgaard ins Gesicht geschrieben. Gerade eben hat er es in der Schlussdetonation von Ravels DDur- Klavierkonzert so richtig krachen lassen und noch immer leuchten die Augen des drahtigen Dänen vor Begeisterung über den satten Sound, den seine Musiker plötzlich hinbekommen. Erst ein paar Wochen ist es her, dass das Dänische Nationalorchester und sein Chefdirigent aus ihrem alten, beengten Saal im Herzen Kopenhagens hierher an den Stadtrand in das neue Konzerthaus von Danmarks Radio gezogen sind und so langsam scheint ihnen gerade zu dämmern, welche Chancen jetzt vor ihnen liegen. Mit dem 1.800 Plätze fassenden Saal, den ihnen Frankreichs Stararchitekt Jean Nouvel und Japans Akustikguru Yasuhisa Toyota maßgeschneidert haben, hat das 1925 gegründete Orchester die Möglichkeit, in die europäische Spitzenklasse aufzusteigen.
Den richtigen Chef dafür hat es schon: Wer Thomas Dausgaard im Konzert erlebt, merkt sofort, dass der 45-Jährige die Mischung von Charisma und Präzision besitzt, die für Dirigenten der beste Weg zum Erfolg ist. Lernen kann man das nicht, wohl aber perfektionieren – und das am besten in der Provinz. Im Falle von Thomas Dausgaard war es der Posten als Leiter des kurz zuvor gegründeten Schwedischen Kammerorchesters in der 100.000-Seelen-Stadt Örebro, der dem ehemaligen Assistenten von Seiji Ozawa ab 1997 half, seinen persönlichen Stil zu entwickeln. Innerhalb weniger Jahre wurde das knapp 40-köpfige Ensemble zum Trendsetter in der Klassikszene: Ähnlich wie die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und das Mahler Chamber Orchestra stehen Dausgaards Schweden für den Versuch, das sinfonische Kernrepertoire durch die kleine Besetzung aufzufrischen. Bis zu Dvorˇáks »Aus der Neuen Welt« hat sich das Ensemble inzwischen vorgewagt, demnächst, versichert Dausgaard, würden die Sinfonien von Tschaikowsky und Schostakowitsch angegangen. »Der Vorteil einer kleinen Besetzung ist, dass jeder Musiker ein extremes Bewusstsein dafür bekommt, was die anderen tun«, erläutert er. Besonders gut funktioniert dieser Ansatz offenbar bei Beethoven. Dausgaards Gesamtaufnahme der Orchesterwerke gehört zu den besten, die derzeit auf dem Markt sind und hat das neue Beethovenbild des 21. Jahrhunderts mitgeprägt: Dynamisch, elektrisierend und musikantisch ist der Ton, den die Schweden anschlagen.
Seit 2004 leitet Dausgaard die Nationalsinfoniker, und seither zeigt auch deren Leistungskurve stetig nach oben: Ihre letzte CD mit Orchesterwerken von Carl Nielsen wurde enthusiastisch gefeiert und mit der Gesamtaufnahme der 16 Sinfonien von Rued Langgaard hat Dausgaard gerade ein Riesenprojekt abgeschlossen, das ihm noch mehr am Herzen lag als die Musik des mittlerweile hinreichend bekannten dänischen Nationalkomponisten. »Langgaard ist der große Unbekannte der dänischen Musik«, erklärt er, »und in gewisser Weise ist unser Zyklus eine Art Wiedergutmachung, weil das Orchester Langgaards Musik zu seinen Lebzeiten einfach ignoriert hat.« Dabei seien die Sinfonien des 1952 verstorbenen Exzentrikers ein faszinierender Kosmos, in dem filmische Schnitttechniken und absurdes Theater, Romantik und Moderne zu einer unverkennbaren, individuellen Musiksprache verschmelzen würden.
Jörg Königsdorf, 05.04.2014, RONDO Ausgabe 2 / 2009
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