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Skepsis ist geboten, wenn klassische Musiker sich aufs für sie dünne Eis von Jazz-Groove und Improvisation wagen. Schwer vorstellbar zum Beispiel, dass Ray Brown glücklich wurde mit seiner Beteiligung am »Jazz Album« der neuseeländischen Sopranistin Kiri Te Kanawa. Beim Quatuor Ebène ist man sich durchaus bewusst, wie schief so ein Ausflug gehen kann. Aber die »Boygroup der internationalen Streichquartettszene« hat einen entscheidenden Vorteil: Die Franzosen sind mit Rock und Pop aufgewachsen, schon als Musikstudenten fremdgegangen bis zu Engagements in Funkbands und ähnlich unklassischen Ensembles. Anfangs haben sie ihre Lust am Improvisieren auf Zugaben à la »All Blues« von Miles Davis beschränkt. Mit ihrem aktuellen Album »Fiction« setzen sie nun ganz auf Jazz und Anverwandtes, auf »Corcovado« und »Footprints« statt Haydn und Brahms. Und sie würden dies im Rahmen ihrer jährlich etwa 125 Konzerte auch gerne öfter mal live tun. Aber das Interesse der Veranstalter hält sich in Grenzen. Elektronische Verstärkung und Schlagzeug – das will man dem Stammpublikum von Kammermusik eher nicht zumuten.
Nun also Experimente mit Songs von Brad Mehldau und Wayne Shorter, mit Filmmusik (»Pulp Fiction«) und Jazzstandards wie »Nature Boy«. Letzteres in Sachen Eiltempo und Phrasierung munter am Charakter gesungener Versionen vorbei. »Die Lyrics spielen bei uns keine große Rolle«, gesteht Herzog und wird vom Cellisten Raphael Merlin rechts überholt: »Sei ehrlich, da denken wir gar nicht drüber nach.«
Umso mehr Überlegung investieren sie in die Frage, wie ein Streichquartett Jazz angehen sollte. »Jazzer vernachlässigen fast immer die Dynamik. Ein Streichquartett kann mit den heftigsten Kontrasten arbeiten, mehr noch als zum Beispiel ein Pianist«, betont Herzog. Auch die klangliche Subtilität wollen sich die Ebènes bewahren und distanzieren sich deshalb von Projekten wie dem Mahavisnu Orchestra Album des Radio String Quartet. Andererseits stoßen auch das Kronos Quartet oder Nigel Kennedy auf wenig Begeisterung – ganz im Gegensatz zum Turtle Island String Quartet, mit dem sie gemeinsam eine CD zu machen hoffen.
Klaus von Seckendorff, RONDO Ausgabe 6 / 2010
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