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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Café Imperial

Ben Connor und Johanna Arrouas (c) Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Café Imperial

Unser Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer

Ein guter Titel: „Lasst uns die Welt vergessen: Volksoper 1938“. Regisseur Theu Boermans und Dirigent Keren Kagarlitsky gehen an der Wiener Volksoper ein Thema an, das schmerzt. Es geht um die Proben zur Uraufführug der Operette „Gruß und Kuss aus der Wachau“ von Jára Benes (1938), die perspektivisch im Exil der Protagonistin Hilde Güden (Johanna Arrouas) münden. Als ‚Vierteljüdin‘ musste sie Österreich verlassen, während Textdichter Fritz Löhner-Beda in Auschwitz ermordet wurde. Der Abend gelingt als eine Art Vergangenheitsbewältigungs-Revue, auch wenn einige Details vergröbert werden. Hier mag noch weiter bewältigt werden müssen. Ein guter Anfang aber, auch dank großen Aufwands (mit Altstars wie Ulrike Steinsky, Sebastian Reinthaller u.a.), ist gemacht.
Im Café Imperial, dem Stübchen eines edel gedämpften Gelächters, denken wir heute über Heiterkeit nach. Dem Schauspieler und legendären Theater-Regisseur Fritz Kortner wird ein schöner Satz nachgesagt. Er hatte auf eine komische Darbietung mit Lachen reagiert, dies indirekte Lob aber nachträglich mit der abfälligen Feststellung vergiftet: Ja, er habe gelacht. „Aber tief unter meinem Niveau.“ Nach einer Version dieser Geschichte geschah die Äußerung im Anschluss an eine Franz-Lehár-Operette. Diese Variante scheint aber nicht korrekt zu sein. In Wirklichkeit war es der geniale Slapsticker Curt Bois, der sich Kortners gallige Bemerkung zuzog. Kortner, so könnte man sagen, hatte diesmal trotzdem Unrecht. (Und wir lachen über ihn nur umso dankbarer!) Denn: Lachen unter Niveau, was soll das eigentlich sein?! Lachen, so meinte schon der wunderbare Philosoph Klaus Heinrich, sei der „Einbruch des Deplacierten”. Man lacht, weil man zugleich erschrocken ist. Eben deshalb ist kein Lachen eigentlich deplatziert. Bühne frei für die Operette!
Mit Anett Fritsch als „Lustiger Witwe“ sowie Daniel Schmutzhard als Danilo kann die Volksoper einen unverwüstlichsten Klassiker der silbernen Operette gut besetzen (Regie: Mariame Clément, ab 2.3.). Hoffentlich auch witzig! Wenig einschlägig und umso origineller ist Gounods „Roméo et Juliette“-Premiere am Theater an der Wien (mit Mélissa Petit und Julien Behr, Regie: Marie-Eve Signeyrole, ab 23.2.). Die Wiener Staatsoper übernimmt in Gestalt von „Animal Farm“ einen international gefeierten Orwell-Uraufführungserfolg, komponiert von Alexander Raskatov, von der Oper Amsterdam (Wolfgang Bankl als Napoleon, ab 28.2.).
Im Musikverein gibt Maria João Pires einen ihrer rar geworden, womöglich fast letzten Klavierabende (13.2.). Diana Damrau singt Lieder von Clara und Robert Schumann samt Spanischem (14.2.), Antoine Tamestit spielt Mozart, Schubert und Schumann (16.2.). Die Wiener Philharmoniker werden dirigiert von Franz Welser-Möst (24.–26.2.) und Zubin Mehta (15.–17.3.), das BR-Symphonieorchester von Sir Simon Rattle (16./17./19./22.3.) und die Berliner Philharmoniker von Kirill Petrenko (19./20.2.). – Im Konzerthaus, meist vielfältiger, dirigiert Ádám Fischer sein Budapest Festival Orchestra (13.2.) und Semyon Bychkov die Tschechische Philharmonie (10./11.3.). Auch hier gibt es die Wiener Philharmoniker unter Welser-Möst (22.2.) und Mehta (20.3., mit Argerich). Jan Lisiecki spielt sein „Préludes“-Programm (mit Chopin etc., 17.2.), außerdem erlebt man Recitals von Kirill Gerstein (24.2.), Patricia Kopatchinskaja (26.2.) sowie Martha Argerich & Lilya Zilberstein (29.2.). Christian Gerhaher singt die Rückert-Lieder von Mahler (5.3.). Schließlich etliche Streichquartett-Abende, z.B. vom Quatuor Ébène (18.3.) und vom Leonkoro Quartett (20.3.). Ober, zahlen.

Kai Luehrs-Kaiser, 17.02.2024, RONDO Ausgabe 1 / 2024



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