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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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(c) Inge Prader

Daniel Hope

Pure Freiheit

Mit dem Zürcher Kammerorchester und prominenten Gästen präsentiert der Geiger auf einem neuen Album Ohrwürmer und Fundstücke aus 700 Jahren Tanzgeschichte.

Schon in der Antike haben sich Menschen zu Musik bewegt, die frühesten Notenschriften von Tänzen stammen aus dem Mittelalter. Die Vielfalt dieses Repertoires fasziniert Daniel Hope seit langem: Über einen Zeitraum von etwa zwanzig Jahren hat der Geiger Tänze aus verschiedenen Epochen und Kulturkreisen zusammengetragen. „Die Idee hat sich in meinem Kopf immer weiterentwickelt. Daraus ist schließlich das Doppelalbum ‚Dance!‘ entstanden, eine Sammlung von Stücken aus sieben Jahrhunderten.“ Neben dem Zürcher Kammerorchester, das Hope seit der Saison 2016/17 als Musikdirektor leitet, sind bekannte Solisten wie die Harfenistin Marie-Pierre Langlamet, der Swing-Gitarrist Joscho Stephan oder der Bandoneonspieler Omar Massa beteiligt.
„Die Tänze im ‚Lamento di Tristano‘ aus dem 14. Jahrhundert waren sozusagen der Stein, der alles ins Rollen brachte. Es war spannend zu sehen, welche Querverbindungen sich vom Mittelalter bis in die Gegenwart ergeben konnten“, sagt Hope. Auf dem Album wird ein weiter Bogen gespannt – etwa vom barocken Menuett über die „Ungarischen Tänze“ von Johannes Brahms, Camille Saint-Saëns’ „Danse macabre“ und Béla Bartóks „Rumänische Volkstänzen“ bis hin zu Swing und Jazz, Tango-Kompositionen von Carlos Gardel und Astor Piazzolla und einem durch polnische Volksweisen inspirierten Stück des Filmmusikkomponisten Wojciech Kilar.
Bereits in jungen Jahren eröffnete sich Hope ein weiter musikalischer Horizont, als er im Haus seines Mentors Yehudi Menuhin Instrumentalisten aus aller Welt kennenlernte – etwa den Jazz-Violinisten Stéphane Grappelli und den indischen Sitarspieler Ravi Shankar. „Diese Begegnungen sind mir seit vielen Jahrzehnten im Herzen geblieben“, sagt er. Auf dem neuen Album spielt der Geiger unter anderem mit dem Cimbalom-Virtuosen Jenő Lisztes das Klezmerstück „Odessa Bulgar“, das er schon seit seiner Kindheit liebt. „Wenn Lisztes anfängt zu improvisieren, erkennt man plötzlich, dass hier verschiedene Musikstile wie in einem Schmelztiegel zusammenkommen.“
Das Repertoire des Albums erscheint in vielfältigen Arrangements. Aus der Zeit der Romantik sind die ursprünglich für Klavier geschriebenen „Fünf Deutschen Tänze“ von Franz Schubert zu hören, die der Komponist selbst für Orchester bearbeitete. „Diese Stücke sind bezaubernd schön. Zum Schluss werden sie aber sehr düster und werfen Fragezeichen auf. Das hat mich sehr ergriffen.“ In der „Vocalise-étude en forme de habanera“ von Maurice Ravel übernimmt die Harfe die Klavierstimme. „Solch ein langsamer Tanz ist nach meiner Empfindung noch sinnlicher als die schnellen, energischen Tänze, die wir kennen“, meint Hope. „Für mich war es eine große Bereicherung, dieses Album nach und nach aus vielen Puzzleteilen zusammenzusetzen.“ Jenseits der Bühne ist der Musiker übrigens ein leidenschaftlicher Hobbytänzer und bekennt: „Für mich ist diese Form der Bewegung ein Ausdruck purer Freiheit. Und ich hoffe, dass wir das Publikum bei unseren Konzerten dazu animieren können, mitzutanzen.“

Neu erschienen:

„Dance!“

Daniel Hope, Marie-Pierre Langlamet, Joscho Stephan, Omar Massa, Zürcher Kammerorchester u.a.

2 CDs, DG/Universal

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Corina Kolbe, 24.02.2024, RONDO Ausgabe 1 / 2024



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