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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Jane Eaglen (c) Nicola Majocchi

Zugabe

Namen, Nachrichten, Nettigkeiten Neues von der Hinterbühne

Sopranistin Jane Eaglen (63), die zu den bedeutendsten Wagner-Sängerinnen ihrer Generation gehörte, glaubt, diese Rollen immer noch singen zu können. „Ich habe nur damit aufgehört, weil ich aufgrund meines Körperumfangs keine Engagements mehr bekam“, so Eaglen zu Hause in Boston. „Ich habe während meiner Karriere schätzungsweise 80 Isolden gesungen und wahrscheinlich genauso viele Brünnhilden“, so Eaglen. „Ehrlich gesagt, ich war immer eine Big Lady. Irgendwann begann man sich offenbar daran zu stören. Zu Anfang meiner Karriere war das nicht so, und mich selbst hat das Thema nie interessiert.“ Ihre Stimme sei immer schon sehr groß gewesen, ihre Lieblingshäuser waren die riesigen Hütten (am liebsten die Metropolitan Opera). „Meine Mutter hat erzählt, dass ich schon als Baby stundenlang schreien konnte, ohne zu ermüden. Ich habe es – natürlich ohne zu schreien – zu meinem Beruf gemacht.“

Opern-Regisseur Peter Sellars, eine legendäre Größe des Musiktheaters seit einem berühmten Mozart-da Ponte-Zyklus in den USA, inszeniert nur sporadisch. „Weil es kein Job werden darf“, so Sellars zu Hause in Los Angeles. „Ich bin kein Profi, und ich möchte auch keiner werden“, so Sellars. „Ich muss immer so lange warten, bis ich wieder große Augen mache, wenn ich zur Oper zurückkehre.“ Seine gelegentlich festgestellte Ähnlichkeit mit dem Kleinen König Kalle Wirsch – einer Kinderbuchfigur – sei ihm dagegen nicht bewusst. „Ich weiß nur von der mit Bart Simp­son“, so Sellars. „Man sollte sich grundsätzlich nicht zu ernst nehmen. Die Ähnlichkeit mit jeder Comic-Figur ehrt mich.“

Alte Musik-Pionier Trevor Pinnock findet, dass sich die Alte Musik, nachdem sie einst mit den Riten der romantischen Musikausübung brach, inzwischen selbst zum Stil verfestigt habe. „Authentisch? Ich weiß doch nicht“, so Pinnock in London. „Die Alte-Musik-Bewegung hat etwas geöffnet, mehr nicht.“ Für ihn selbst sei die Begegnung mit Nikolaus Harnoncourt und Gustav Leonhardt zwar sehr wichtig gewesen. „Aber noch wichtiger war es eigentlich, nach Hause zurückzukehren. Hier gab es bereits das English Chamber Orchestra, Neville Marriner und Charles Mackerras – und damit Leute, die sich auch schon auf den Weg gemacht hatten.“ Das Gesamtwerk des mitte-70-jährigen Pinnock erschien kürzlich gesammelt bei der Deutschen Grammophon.

Die spanische Sopranistin Serena Sáenz, derzeit als Lauretta im „Trittico“ an der Wiener Staatsoper zu erleben, bewundert ihre katalanischen Vorgängerinnen Victoria de los Ángeles, die dieses Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, und Montserrat Caballé. „Klare Farben!“, so Sáenz in Wien über diese Sängerinnen. „Genau darin liegt eine große spanische Tugend, wie ich glaube.“ Ein A sei da wirklich ein A. „Die Gefahr, wenn man sehr direkt singt, liegt im Grunde darin, dass es zu metallisch klingen kann. Das war bei diesen beiden großen Sängerinnen nie der Fall. Sie sind und bleiben: klar, rund im Ton und gefühlvoll.“

Pianist Martin Stadtfeld, frischgebackener Professor in Bremen und seit nunmehr 20 Jahren im Geschäft, glaubt, dass er im Verein mit Orchestern nicht immer in seinem Element gewesen sei. „Das Schlimmste war eigentlich die ‚Rhapsody In Blue‘“, so Stadtfeld im Interview. „Was ich kann, konnte ich nicht zeigen, meine Defizite dagegen wurden schonungslos offenbar. Auch das Ravel-Konzert können andere besser.“ Er sei froh, sich heute eher auf Solo-Recitals konzentrieren zu können. „Ich bin doch eigentlich das Kind geblieben, das sich vor die Leute hinsetzt und spielt.“ Deswegen habe er sich seit den „Goldberg-Variationen“ vor 20 Jahren auch kaum geändert. Die Frage sei, wie man einen Imagewechsel überhaupt planen könne. „Fotosessions, das muss ich zugeben, haben mich immer gequält. Ich will nicht der Bubi sein.“ Gerade so sei er geblieben, wie er ist.

Kai Luehrs-Kaiser, 16.12.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023



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