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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Nina Nai, Ensemble (c) Andreas Simopoulos

Da Capo

Athen, Griechische Nationaloper – Michalis Paraskakis: „Strella“

Ödipus mit Happy End

Eigentlich eine uralte Musiktheater-Sache: Doch mit „Lili Elbe“ und „Strella“ sind gegenwärtig zwei erste Opern mit Transgender-Themen in Athen und St. Gallen zu sehen. In „Strella“ gibt es gleich drei Transpersonen in einem Cast von zwölf Mitwirkenden. Dieses Kammerspiel von Michalis Paraskakis an der Griechischen Nationaloper schillert zwischen Sprechstück, Melodram und Musiktheater. So ist es genauso fluide wie seine Titelfigur, in der sich der antike Ödipus-Mythos bricht.
„Stella“ heißt zudem ein in Griechenland berühmter Film des „Alexis Sorbas“-Regisseurs Michael Cacoyannis, auf den sich wiederum die unmittelbare Opernvorlage bezieht, ebenfalls ein vor 14 Jahren bei der Berlinale uraufgeführter Film. Und „trella“, das meint ein wenig verrückt, so wie eben jene Prostituierte und Nachtclubsängerin ist (Letta Kappa verkörpert sie mit nüchterner Härte), die sich als ehemaliger Sohn des im Gefängnis schwul gewordenen Mörders Yorgos (Michael Psyrras) erweist, der vor 15 Jahren aus seinem Dorf verschwand und jetzt ganz bewusst mit seinem unwissenden Vater ein Verhältnis eingegangen ist.
Anders als in der Tragödie geht „Strella“ – nach all den ungeheuerlichen Erkenntnissen zwischen Liebe, Akzeptanz und dem Wahnsinn, um jeden Preis vom Glück zu träumen und es zu fordern – gut aus. Vielleicht auch, weil ausgerechnet die von ihr verehrte Maria Callas, für deren 100. Geburtstag am 3. Dezember sich nicht nur ganz Operngriechenland rüstet, als einigermaßen schriller Schutzengel wirkt. Die schräge, doch spannende Story fesselt durch ihre einfach-raffinierte Visualisierung in der souveränen Regie von George Koutlis im offenen Spielraum.
Dirigent Konstantinos Terzakis und seine zehn Musiker sind in das Geschehen eingebunden, im Drag-Club, in filmischen Zwischensequenzen, die bunte Partitur arbeitet mit kontrastiv harten Schnitten und schmerzhaftem Opernverismus. Da tanzt ein Eichhörnchen, ein Kind trippelt vorbei, und am Ende feiern zwischen Goldgirlanden doch alle gemeinsam eine Mischung aus Weihnachten und polyamourösem Karneval.

Manuel Brug, 02.12.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023



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