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RONDO: Sie haben indische Eltern, wurden in Italien geboren und sind in den USA aufgewachsen. Wie indisch sind Sie?
Rudresh Mahanthappa: Eine schwierige Frage. Ich bin Indo-Amerikaner. Um es zu präzisieren: Meine Eltern kamen in den 50ern in die USA . Bei uns zu Hause war die indische Tradition lebendig. Ich habe also in zwei Welten gelebt. Meine Generation findet gerade heraus, was es bedeutet, Indo-Amerikaner zu sein, was es heißt, als erster den Pfad zu beschreiten – sei es in der Musik, in der Kunst, im Schauspiel oder in der Literatur.
RONDO: Gibt es dafür Vorbilder?
Mahanthappa: Leute wie Steve Coleman oder Randy Weston sind großartige Beispiele dafür, wie Leute Zugang zu der Kultur ihrer Vorfahren haben und versuchen, etwas Neues zu machen, indem sie Elemente ihrer Herkunft mit Elementen der zeitgenössischen Kultur kombinieren.
RONDO: Bei Randy Weston ist dies Nordafrika …
Mahanthappa: …und bei Steve Coleman sind es die Rhythmen von Westafrika. Der Schlüssel ist: Du musst das so integer machen, dass es nicht einfach exotisch wirkt. Auf diesem schmalen Grat läuft man leicht Gefahr, dass man beide Kulturen nicht mehr achtet. Es gibt viele cross-kulturelle Projekte, bei denen Musiker lediglich im selben Raum spielen – nicht aber miteinander. So billig will ich meine Kultur nicht verkaufen.
RONDO: Ihre Kultur, das heißt die indische Kultur?
Mahanthappa: Genau.
RONDO: Haben Sie indische Musik studiert? Mahanthappa: Nein. Nicht in dem Sinn, dass ich zehn oder zwanzig Jahre bei einem Lehrer verbracht hätte. Aber ich bin mit der indischen Kultur aufgewachsen und habe mich intensiv mit ihren rhythmischen und melodischen Elementen befasst. Ich will mein Erbe mit westlicher Musik synthetisieren. Das entspricht der bi-kulturellen Existenz, die ich habe. Wenn man Musik ernsthaft spielen will, sollte man nach ihren Wurzeln sehen. Aber das ist nicht nur bei der Musik so, das ist bei Kunst im Allgemeinen so. Wenn Sie ein Maler sind und die Impressionisten mögen, dann sollten Sie mal einen Trip nach Giverny machen und sehen, wo Monet arbeitete.
RONDO: Wie haben Sie Ihr Instrument gelernt?
Mahanthappa: Ich fing mit Kinderliedern an. Mit sechs habe ich Blockflöte gelernt. Das hat ziemlich viel Spaß gemacht. Dann kamen zwei Jahre Barock-Blockflötenstunden. Mein älterer Bruder spielte im Schulorchester Klarinette. Er sagte, die Leute in der Jazzband hätten mehr Spaß als die im Orchester. Deshalb ging ich, als ich Mitglied im Band-Programm werden konnte, in die Jazzband und habe Saxofon gelernt. Ich hatte einen guten Lehrer, der mich mit ganz unterschiedlicher Musik bekannt machte – Jazz, Rock, Fusion, Blues und so weiter. Ich hörte zur gleichen Zeit Ornette Coleman, Charlie Parker, Progressive Rock und TO P 40 Radio.
RONDO: Was ist Jazz für Sie?
Mahanthappa: Jazz ist eine Art, das zeitgenössische Leben zu beschreiben. Die wichtigste Musik spricht immer – unabhängig vom Genre – zur jeweiligen Gegenwart. Improvisation ist eine Art, um das auszudrücken. Jazz macht eine Aussage über unsere Geschichte.
Werner Stiefele, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 6 / 2011
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