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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Salvador

Céline Rudolph

Verve/UMG 276 2153
(46 Min., 2010)

Die 42-jährige deutsch-französische Sängerin Céline Rudolph ist eine Klasse für sich: Sie kann singen und säuseln, schreibt originelle Songs und Chansons und ist des Arrangierens kundig. Schon auf ihrem hochgelobten Enja-Album „Metamorflores“ hat sie ihre besondere Affinität zu der Musik Brasiliens ausgelebt – und das überzeugend in São Paulo. Für ihr Major-Label-Debüt hat sie sich der französischen Chansonlegende Henri Salvador ebenfalls in dieser brasilianischen Metropole angenommen. Salvador war in den 50er und 60er Jahren ein gefeierter auteur/compositeur/interprète, oder wie wir Deutsche etwas verfälschend sagen: ein typischer Chansonnier. Einerseits war er dem Jazz und der Tradition eines Bécaud oder Aznavour verpflichtet, gleichzeitig aber hatte ihm während der Nazizeit das Exil in Südamerika seine karibischen Wurzeln bewusst gemacht. Mit der lässig swingenden Leichtigkeit, mit der er traditionell orientierte Songs interpretierte, schuf er Klassiker eines neuen Chansontyps. Ein verlangsamter Sambarhythmus durchpulste sie und seine sanfte, auch im Melancholischen noch heiter wirkende Stimme ließ sie mit südlicher Sonne strahlen. Er betrachtete sich denn auch Zeit seines Lebens als den Erfinder der Bossa Nova.
Céline Rudolph hat nun die großen Bossa-Chansons Salvadors kongenial ins Deutsche übertragen und ihnen an den Originalen orientierte Arrangements angedeihen lassen, die vordergründige Verjazzung vermeiden. Erstaunlich nur, dass ausgerechnet ihr, die sonst im Jazzkontext so überzeugend zu swingen vermag, bei diesen Liedern oft die lässig swingende Leichtigkeit des Vorbilds versagt bleibt, und einem der Gedanke an eine imaginäre Nena kommt, die sich an Astrid Gilberto versucht. Die Originale sind ja im Internet fast alle nachzuhören, und im Vergleich verweisen sie die Rudolph’sche Hommage meist auf die Plätze. Doch mit dem weitgehend wortlos improvisierten „J’ai tant rêvé“ scheint plötzlich die große Kunst der Jazzsängerin Rudolph auf, in deren Phrasierung die Töne ganz natürlich dorthin fallen, wohin sie der swingende Puls der Musik bestimmt – und das trägt bis zum Ende der französischen Abschlusszeile. Das wahrlich ist großartige Anverwandlung in einem neuen Idiom.

Thomas Fitterling, 10.09.2011


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