Als RONDO in Ausgabe 4/97 mit einem Porträt an Dodo Marmarosa erinnerte, stand kaum zu erwarten, dass dem zu Unrecht vergessenen Pianisten schon so bald eine Porträt-CD gewidmet würde. So hörenswert sein in jeder Hinsicht meisterhaftes Klavierspiel ist, so schleierhaft bleiben die Auswahlkriterien. Wir hören seltsamerweise nur Aufnahmen der Jahre 1943 bis 1946 (ist etwa ein zweiter Band geplant?), wobei zweiundzwanzig der fünfundzwanzig Aufnahmen Marmarosa "nur" als Sideman vorführen.
Auch als Komponist kommt er zu kurz, fehlen doch gerade einige der wichtigsten Einspielungen, etwa die Trio-Aufnahmen mit Harry Babasin. Rätselhaft, warum die Zusammenarbeit mit dem Tenoristen Lucky Thompson ausführlich dokumentiert ist und die mit Wardell Gray und Lester Young nicht. Etwa die Hälfte der CD zeigt Marmarosa an der Seite der Swing-Größen Charlie Barnet und Artie Shaw.
Die Chronologie macht deutlich, wie bruchlos-organisch Marmarosas luzides Bebop-Spiel aus einem an Tatum und Wilson geschulten, harmonisch weitsichtigen Spät-Swing erwuchs. Alles klingt mühelos, glasklar und kinderleicht. Selten hatte ein so stupender Techniker so wenig Interesse daran, mit seiner Virtuosität zu blenden und damit Karriere zu machen.
"Dodo Lives" - welch Titel. Wer weiß, ob er noch spielt, ja überhaupt noch lebt?
Marcus A. Woelfle, 31.01.1998
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