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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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75th Birthday Celebration

Eric Dolphy

Fantasy/Zyx FANCD 6085-2
(225 Min., 1960 - 1964) 3 CDs

Eric Dolphy ist das nunmehr 10. Geburtstagskind der rührigen "Birthday Celebration"-Serie, und wieder hat der Jazzjournalist Marcus A. Woelfle bei der Zusammenstellung der drei randvollen Scheiben viel Sachverstand bewiesen, man lese nur aufmerksam das informative Beiheft.
Der begrenzte Zeitraum der hier vorgestellten Aufnahmen (1960/61 und ein Stück aus dem Todesjahr 1964) ist kein Hindernis auf dem Weg zur Bekanntschaft mit dem immensen musikalischen Talent Dolphys. Als "kongenialer Sideman" eines Charles Mingus oder John Coltrane in die Jazzgeschichte eingegangen, machen die hier versammelten Stücke deutlich, wie eigenständig der Multiinstrumentalist Dolphy in jeder Konstellation seinen Weg ging. Man hat das Gefühl, dass ihm Altsaxofon, Bassklarinette und Flöte nicht ausreichen würden, um all das auszudrücken, was an Ideen in ihm war. Die beiden ersten CDs bieten zum größten Teil Studioaufnahmen aus den USA, die Dolphy als Leader sowie als Sideman von Oliver Nelson, George Russel und Mal Waldron zeigen. Bemerkenswert hier das Stück "Tenderly", das als unbegleitetes Saxofon-Solo zu jener Zeit seinesgleichen suchte. In ungewöhnlichem Latin-Gewand erleben wir den Flötisten Dolphy in "Sunday Go Meetin'", doch selbst hier schafft sein querständiges Spiel eine fast unheimliche Atmosphäre. Der hauptamtliche Altsaxofonist half ganz entscheidend mit, die Flöte vom gelenkigen Klangfarbenspender harmloser Westküstenjazz-Nummern zur ausdrucksstarken Solo-Stimme des modernen Jazz zu emanzipieren. Wie um dies zu unterstreichen, bietet uns die dritte Scheibe mit Live-Aufnahmen aus Europa die Hamburger Version von "My Favourite Things" mit John Coltrane, bei der Dolphy einmal mehr ein Flötensolo beisteuert, das von einem anderen Stern zu kommen scheint. Man darf bei der Bewertung der Arbeit Coltranes nie den Anteil Eric Dolphys vergessen; beide wollten in ihrer späten Zeit nicht mehr "schön spielen", ihre Musik war extreme, kompromisslose Äußerung. Die Tonalität (bzw. Modalität) gaben sie jedoch nicht auf, sondern klopften immer wieder auf spannendste Weise beim so genannten Free Jazz an (Dolphy war 1960 Mitglied im Doppelquartett seines Freundes Ornette Coleman, das mit dem Album "Free Jazz" denselben offiziell einzuläuten versuchte).
In Sachen Intensität, Technik und Ideenreichtum stand Dolphy den großen Leadern Coltrane und Mingus sicherlich in nichts nach, es ist wohl eher eine Frage der Persönlichkeit, weshalb der zurückhaltende und sprichwörtlich selbstlose Dolphy vor allem für das amerikanische Jazzpublikum eher eine Randfigur geblieben ist. Kluge Editionen wie diese helfen, die Rolle Dolphys als maßgeblichem Wegbereiter des modernen Jazz zu verdeutlichen.

Tilman Stamer, 01.09.2007


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