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N° 1298
25. - 31.03.2023

nächste Aktualisierung
am 01.04.2023



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The Complete Norman Granz Jam Sessions

Norman Granz

Verve/Universal B003252-02
(6/1952 - 10/1954) 5 CDs

Duke Ellington hat die Jam Sessions einmal mit den Rittertournieren verglichen und mit diesem Aspekt zumindest den musikalischen Wettbewerbs-Geist vieler von Norman Granz veranstalteten Jam Sessions getroffen. Diese Art informellen und doch ritualisierten Zusammenspiels hat glühende Anhänger und Verächter. Man liebt ihre Vitalität und Spontaneität oder hasst die bisweilen damit verbundenen Ego-Trips und die im Eifer des Gefechts entstehenden Unausgegorenheiten, unabhängig davon, ob man den einzelnen Ritter im Grunde als Minnesänger oder Ritter schätzt. Für Norman Granz (vgl. RONDO 1/05, S.30) war die Jam Session das Non-Plus-Ultra und er schuf für die Musiker eine so ideale Atmosphäre, dass selbst Größen, die diese Art musikalischen Schlagabtausches nicht schätzten - hier etwa Charlie Parker und Dizzy Gillespie - nicht nur gute Miene zum bösen Spiel machten, sondern strahlten.
Der missverständliche Titel der in prachtvoller Ausstattung mit 72-seitigem Beiheft erschienenen Box darf freilich nicht dahingehend verstanden werden, dass alle von Norman Granz produzierten Jam Session auf nur 5 CDs passen. Granz, der Jam Sessions durch sein Tournee-Unternehmen JATP überhaupt erst zu öffentlichen Konzertereignissen machte, produzierte auch im Studio unzählige Jam Sessions. Die ersten davon kamen in den Jahren 1952 bis 1954 in einer Serie heraus, die auch "Jam Session" hieß, und nur diese sind hier versammelt. Bei diesen Sessions handelt es sich nicht nur um mitreißend swingenden Jazz, gespielt von etwa neuenköpfigen Gruppen, denen Größen wie Count Basie, Lionel Hampton und Oscar Peterson angehören. Sie sind, ganz nebenbei, hervorragende musikalische Lehrstücke, denn sie ermöglichen den Vergleich von Hauptvertretern ihrer Instrumente, die sonst nicht miteinander spielten. Schon bei seiner ersten Studio-Session brachte Granz die einflussreichsten Altisten ihrer Zeit zusammen, Charlie Parker, den Mitbegründer des neuen Jazz sowie Johnny Hodges und Benny Carter, die Hauptvertreter noch lebendigster Tradition. Eine andere Session brachte die Tenoristen Wardell Gray und Stan Getz zusammen, also einen Lester-Young-Jünger der Bebop-Richtung und einen des Cool Jazz. Auch der Wettstreit der Trompeter Roy Eldridge und Dizzy Gillespie, also zwischen Lehrer und Schüler ist reizvoll.
Der beteiligte Drummer Buddy Rich hat zwar einmal verlautbart, Granz schnappe sich die größten Musiker, um sie eine Menge lauten Schrott aufnehmen zu lassen. Das hinderte weder ihn, nach der Bemerkung, weiter mitzumischen, noch Granz, seinen Lieblingsdrummer wieder einzustellen. Man kann eben nach der erhitzten, ekstatischen, energiegeladenen Atmosphäre dieser Jam Sessions süchtig werden, auch wenn manche Diamanten im rohen, ungeschliffen Gewand daherkommen. "Ich verkaufe keine Perfektion", hat Norman Granz einmal gesagt und neben manchem Leerlauf auch manchen Gipfel der Vollkommenheit - und das ist etwas anderes als reine Perfektion - dokumentiert.

Marcus A. Woelfle, 05.03.2005



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