Werke der Afro-Amerikanerin Florence Price (1887-1953) werden gegenwärtig in rascher Folge aufgenommen. Black Lives Matter, Diversity, Female Empowerment, Raritätenwert, da kommen viele modische wie aktivistische Schlagwörter zusammen, die den neuen Price-Stellenwert in einem offenbar vom schlechten Gewissen getriebenen, vorherrschend weißen Musikbetrieb mit Schwerpunkt angloamerikanischem Verbreitungsraum erklären. Doch während die Sinfonien eher rückwärtsgewandt wirken, als Post-Dvořák mit Spritual-Einflüssen, hören sich die Solokonzerte von Florence Price viel origineller und experimentierfreudiger an.
Das gilt für die eben bei gleichem Label erschienenen beiden Violinkonzerte mit Randall Goosby wie auch für das 1934 uraufgeführte, etwa 18-minütige Klavierkonzert d-Moll in einem Satz, das nun die Pianistin Jeneba Kanneh-Mason aufgenommen hat. Ihr Beitrag ist Teil eines Albums anlässlich des 70. Todestages von Florence Price, das ihr das Chineke! Orchestra gewidmet hat. Wobei das durchaus wirkt, als würde die Komponistin mit lauter Interpreten of color wieder in ein – diesmal positiv besetztes – Ghetto gestellt werden. Das Orchester unter Leslie Suganandarajah spielt mit swingender Rhythmik, was gut zu Kanneh-Masons expressivem Zugriff passt. Durchaus den (allerdings weit raffinierteren) Gershwin-Klavierwerken anverwandt, paart Price Virtuosität und Emotion als Schnittmenge aus klassischem Fundament und afroamerikanischen wie Jazz-Einflüssen. Interessant auch „His Resignation and Faith“, das mittlere Andante aus der dreiteiligen Tondichtung „Ethiopia’s Shadow In America“. Roderick Cox widmet sich hingegen der Sinfonie Nr. 1 e-Moll – die freilich hat Yannick Nézet-Séguin mit dem Philadelphia Orchestra bereits zwingender interpretiert.

Manuel Brug, 23.09.2023

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