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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Die Blockbuster-Oper „Robert der Teufel“ war 1831 in Paris die Sensation der schönen neuen Welt. Der Modeschreiber Eugène Scribe hatte das Buch verfasst und der begüterte deutsche Jude Giacomo Meyerbeer, der gerade mit seinen italienischen Opern reüssiert hatte, fand nie gehörte Klänge für die Mischung aus Volkssage und Grusel-Kolportage, Ritterromanze und Teufelsspuk, tönendem Erotikon und scheinheilig orgelumbraustem Happy End. Das reizte die Sinne, das ließ die Kasse klingeln. Eine uneigentliche, fantastisch auf Wirkung komponierte Musik, eine geniale Dramaturgie, perfekte Bühnentricks und als Krönung das verruchte Nonnenballett – das musste man gesehen haben.
So nebenbei gelang es Meyerbeer außerdem, mit seiner dunkel gehärteten, hektisch rhythmisierten Partitur seiner Zeit den Spiegel vorzuhalten; und mit seinen Männerrollen, dem zögerlich unsympathischen Robert und dessen der Liebe und dem Tod verfallenen Höllenvater Bertram, schuf er zwei der interessantesten, wirkungsmächtigsten Sängerpartien des 19. Jahrhunderts. Doch jetzt erst gibt es, dank Palazzetto Bru Zane, die erste Studioaufnahme der noch buntscheckig unausgewogenen Partitur. Marc Minkowski, durchaus Meyerbeer-erfahren, überwältigt am Pult des Orchesters National Bordeaux Aquitaine mit dunklen Farben und aggressiver Rhythmik. In den eigentlich blassen Frauenrollen glänzen Erin Morley (Isabelle) mit persönlich ausziseliertem Sopran und Amina Edris (Alice) mit feinsten Glissandi und wuchtigen Tönen. Auch der heldische John Osborn als Robert kommt mit seiner mörderisch hohen Tenorpartie gut zurecht. Und Nicolas Courjal als Bertram begeistert mit vitriolgetränktem Kavaliersbass samt samtigem Timbre, agiler Finesse und voluminösem Können.

Matthias Siehler, 19.11.2022


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Kommentare

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Scaramuccio
Ist das nicht ein bisschen wenig angesichts einer ganz unglaublichen Aufnahme ?? Schon die Markt-Situation würde sie begünstigen, denn es gibt keine einzige ernstzunehmende Gesamtaufnahme dieser exemplarischen Meyerbeer-Oper. Minkowskis Sorgfalt und Delikatesse sind staunenswert: ich habe zwar seinerzeit noch nicht gelebt, aber ich bin überzeugt, dass z. B. die unerhört reizvolle Ballettmusik noch nie derart vollendet aufgeführt wurde ! Die Solisten leisten durch die Bank Ungewöhnliches - besonders hervorzuheben sind die beiden Damen, seit der Uraufführung begehrte Rivalitäts-Objekte ! In Paris waren es damals die besten französischen Sängerinnen ihrer Zeit, seither ist es fast unmöglich, beide Partien adäquat zu besetzen - wenn man es nicht wie die Berliner Staatsoper vor über 20 Jahren machen will und sie beide unzulänglich besetzt. Ich schätze die Morley als sensible Mozart-Interpretin, ihre jüngste Pamina an der Met war eine Offenbarung. Was sie hier bietet, haut einen um ! SO hat das selbst die junge Sutherland oder die Gruberova nicht geschafft ! Ihre mir unbekannte Partnerin bietet ebenfalls nur Außergewöhnliches, im etwas anfechtbaren dritten Akt hält sie das hohe Niveau der konzertanten Aufführung. Auch die Präsentation der drei CDs mit Booklet und anspruchsvollen Kommentaren ist staunenswert. Wer sich für diese Aufnahme nicht begeistern kann, sollte sich nicht als Meyerbeer-fan bezeichnen.


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