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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Heinz Holliger

„Lunea“

Christian Gerhaher, Basler Madrigalisten, Heinz Holliger u. a.

ECM/Universal 002894856322
(104 Min., 5/2018) 2 CDs

Wer kennt heute noch Nikolaus Lenau? Dabei war er im Biedermeier einer der meistgelesenen deutschen Dichter. Ein Jahr verbrachte er in seinem Utopia Amerika und kehrte tief desillusioniert zurück in den schwäbischen Dichterkreis. Doch auch revolutionäre Gedanken trieben ihn um. Sechs Jahre vor seinem Tod 1850 hatte er einen Schlaganfall, nach dem er gepflegt, schließlich in eine Anstalt eingeliefert werden musste. Ist das der Stoff für eine Oper? Für Heinz Holliger, damals 79-jähriger skurriler, auch nicht ganz alterswutfreier Doyen der Schweizer Komponisten, schon. Kein Wunder, interessierte er sich immer schon für die Außenseiter und Durchgeknallten. 2018 kam an der Oper Zürich das mit dem Dichternamen wie dem Mond wortspielende „Lunea“ heraus. Der Mitschnitt liegt nun bei Holligers Hauslabel ECM vor. Fünf Jahre zuvor hatte hier ein gleichnamiger Liedzyklus für den gern dem Grüblerischen zugeneigten Bariton Christian Gerhaher Premiere. Damals hatte Holliger Lenau-Textfragmente zu 23 „Zetteln“ verdichtet. Dem folgte eine Orchesterfassung, nun mit Hilfe des Librettisten Händl Klaus, der weitere Lenau-Worte um diese Nuklei herumverteilte, diese „Lenau-Szenen in 23 Lebensblättern“. Die gleichen eher einem Monodram für Bariton mit sparsamen Solovokaleinwürfen und madrigalesken Chorpartien. Mit großer Virtuosität, aber auch erstaunlichen, sich auf dunkel atmosphärische Farben, dräuende Traurigkeit einschränkenden Klangflächen. Seltener sind rhythmisch bewegte, oft militaristisch anklingende Abschnitte in der durchaus intensiven Partitur, die zum Ende hin redundant wird. Wenig Chancen sich zu profilieren, haben die als biografische Schattenfiguren geführten Solisten. Nur Juliane Banses Sopran sticht scharf und streng hervor. Bleibt Christian Gerhaher, der hier einen weiteren Seelengrübler sich einverleiben kann. Er tut das gewohnt akribisch, textüberdeutlich.

Matthias Siehler, 09.07.2022


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