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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Medien · Unterm Strich

Unterm Strich

Ramsch oder Referenz?

CDs, vom Schreibtisch geräumt.

Einen so feinen, leichten, lyrischen Sopran mit silberweißer Mittellage, gutem Volumen und stabiler Höhe wie den von Eva Zalenga sollte man sich merken: Da steckt Potential drin. Sie hat bislang fast jeden Wettbewerb gewonnen, als ideale Adele, aber auch als Ännchen. Sogar als Susanna trat sie schon auf. Und sie singt Lieder, mit Verstand. Ihr Debut-Album heißt „In Relations“ (hänssler Classic/Profil) und stellt 22 rare romantische Lieder vor, die irgendwie miteinander in Verbindung stehen. Carl Loewe, zum Beispiel, war mal der Lehrer von Emilie Mayer. Die liebte Heine, wie Schumann es tat. Der wiederum verachtete den jüdischen Kollegen Giacomo Meyerbeer, der seinerseits ebenfalls gern Heine vertonte, aber auch, wie Schumann und Mendelssohn Bartholdy, die Gedichte von Marianne von Willemer schätzte. Drei Lieder der vergessenen Komponistin Frances Allitsen tauchen als Ersteinspielung auf. Zalenga gestaltet inbrünstig, aber einfarbig. Man glaubt ihr die Hexe noch nicht, eher das Gretchen. Ihre alerte Klavierpartnerin ist übrigens Doriana Tchakarova, sie hatte auch schon das CD-Debüt von Konstantin Krimmel mitgestaltet.

Frances Allitsen, Carl Loewe, Emilie Mayer u.a.

„In Relations“

Eva Zalenga, Doriana Tchakarova

hänssler Classic/Profil

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Noch gibt es das neue Album von Igor Levit nur digital, schon wird es vom Handel als „Bestseller“ annonciert. Ein gutes Zeichen, das beweist: Die Demo kommt an. Levit kämpft mit „Liedern ohne Worte“ von Felix Mendelssohn Bartholdy gegen den alltäglichen Antisemitismus – eine Benefiz-CD, die zwei einschlägige ehrenamtliche Vereine unterstützt (Sony). Als Zugabe ist außerdem das Prélude op. 31 Nr. VII von Charles Valentin Alkan zu hören, mit dem Titel „Lied einer Irren, am Strand des Meeres“. Hat keine Worte, aber auch keine Mitte. Nur das höchste und tiefste Register des Klaviers kommen zum Zug, dazwischen: dröhnendes Schweigen. Vielleicht kann dieser Coup beiläufig ein bisschen Aufmerksamkeit abwerfen für Alkan, den bereits zu Lebzeiten aus der Welt geworfenen jüdischen Komponisten, dessen hellsichtige Virtuosenmusik ihrer Zeit so weit voraus war und der es doch nie zu einem Verkaufsschlager gebracht hat.

Felix Mendelssohn Bartholdy, Charles Valentin Alkan

„Lieder ohne Worte“

Igor Levit

Sony

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Dabei gibt es, immerhin, eine kumulativ wachsende Gesamtaufnahme aller Klavierwerke von Charles Valentin Alkan, der britische Pianist Mark Viner arbeitet daran schon tapfer seit ein paar Jahren. Das „Lied der Irren“ spielte Viner bereits auf Vol. 2 ein. Er spielt es schneller als Levit. Aber auch sparsamer, ohne Donner und Pedal. Gerade hat Viner Vol. 6 herausgebracht. Das Album präsentiert bizarr-brillante Einzelwerke und heißt „Charakterstücke und Grotesken“ (Piano Classics/Edel). Zwei Anti-Kriegsmusiken sind darunter, in denen, wie bei Heine oder Mahler, gefallene Soldaten aus den Gräbern steigen. Aber auch ein harmloser kanonischer Witz in G-Dur, gewidmet einem gewissen „Monsieur Gurkhaus“ und zwei Fugen namens „Jean qui pleure et Jean qui rit“. Bei diesem lachenden Hans handelt es sich um eine durchaus ernst gemeinte Hommage an Voltaire, kunstvoll variiert wird die Champagner-Arie aus Don Giovanni. Und die ausnahmsweise beliebte Eisenbahn-Etüde ist natürlich auch mit dabei.

Charles Valentin Alkan

„Charakterstücke und Grotesken“

Mark Viner

Piano Classics/Edel

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Wenn sich ein schwedisches und ein norwegisches Spitzenorchester fast zeitgleich um den finnischen Nationalkomponisten Jean Sibelius kümmern, wird es spannend. Umso mehr, als zwei junge Stardirigenten aus Finnland, Schüler von Meister Panula, involviert sind: Klaus Mäkelä und Santtu-Matias Rouvali. Wer, bitte sehr, von den beiden klingt denn jetzt finnischer? Die Antwort lautet: keiner von beiden. Für Tonkonserven gilt ja die Faustregel: Nicht nur Dirigent und Orchester prägen den Klang, auch die Halle und der Tonmeister. Im Fall der Sinfonie Nr. 4 a-Moll op. 63, die so dunkel mit dem Tritonus beginnt und später nur scheinbar heller wird, hat jeweils letzterer entschieden. Beide Aufnahmen entstanden unter Studiobedingungen, anno 2021. Im direkten Vergleich wirkt die Neuaufnahme mit Team Rouvali/Göteborger Sinfoniker, die erst jetzt herauskam, weich und elastisch, runder, natürlicher. Aber eben auch weit entfernt (Alpha/Naxos). Team Mäkelä/Osloer Philharmoniker, bereits 2022 veröffentlicht, ist zwar etwas langsamer unterwegs; aber zumal in den Ecksätzen so dicht am Mikro, so scharfkantig und brillant, dass man unwillkürlich an ein amerikanisches Orchester denkt.

Jean Sibelius

Sinfonie Nr. 4 a-Moll op. 63 u.a.

Santtu-Matias Rouvali, Göteborger Sinfoniker

Alpha/Naxos

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Eleonore Büning, 17.02.2024, RONDO Ausgabe 1 / 2024



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