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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

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am 04.05.2024



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Iván Fischer (c) Sonja Werner

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Neues von der Hinterbühne

Dirigent Iván Fischer, der zuletzt wegen schwerer Augenprobleme hatte pausieren müssen, fühlt sich wiederhergestellt. Er sei zu spät zum Arzt gegangen, so Fischer in Budapest. „Wenn man zwar keine Schmerzen spürt, aber alles so ein bisschen neblig ist, mit kleinen schwarzen Punkten und plötzlich mit winzigen Blitzen dazwischen: Dann muss man unverzüglich, noch in derselben Sekunde zum Arzt gehen“, so Fischer. „Ich hatte eine Netzhautablösung auf beiden Seiten. Erst links, dann rechts. Beim ersten Mal war ich zu langsam. Beim zweiten Mal blitzschnell.“ Er sei „sechs Mal operiert“ worden. „Zuletzt in Kaiserslautern, bei einem großartigen Spezialisten.“

Pianist Jean-Yves Thibaudet kann alte Fotografien nach der Haartönung sortieren, die er gerade trägt. „Ob blond, ob platinblond oder braun, ich habe alles ausprobiert. Ich habe die Farbe gewechselt wie die Hosen“, so Thibaudet an seinem Wohnort Los Angeles. Darin dürfte er unter Pianisten auf jeden Fall eine Ausnahme sein. Er glaube, dass das Erscheinungsbild klassischer Musiker nicht unwichtig ist. „Ich finde eher armselig, wenn große Musiker sich darauf herausreden, es komme alles nur auf die Musik an. Natürlich tut es das! Die Haare müssen trotzdem okay sein.“ Im Grunde sei es für ihn allerdings leichter: „Ich gehe einfach gern zum Friseur.“

Alte-Musik-Guru Jordi Savall glaubt, dass man in seinem Heimatland Spanien die Kultur weniger gut fördert als in Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland. „Dort werden Musik-Ensembles unterstützt“, so Savall. „Weshalb wir, die wir das nicht haben, immer zu teuer sind.“ Er kämpfe seit Jahren für die Idee eines gesamteuropäischen Finanzierungssystems in der Musik. „Ich finde, dass wir unabhängigen Musiker absolut nötig sind. Aber so abgesichert wie – sagen wir: die Wiener Philharmoniker, sind wir nicht.“ Er sei im Übrigen ein Feind des Perfektionismus in der Musik. „Heutzutage gibt es ein weit höheres technisches Niveau als früher. Das Problem ist: Schön ist etwas nicht deswegen, weil es perfekt ist“, so Savall. „Ein Schönheitsfleck, wie man ihn sich früher sogar ins Gesicht malte, kann die Schönheit erhöhen.“

Der amerikanisch-estnische Dirigent Kristjan Järvi ist stolz darauf, das vermutlich breiteste Lächeln in der Geschichte des Dirigierens zu haben. Er benutze es sogar im Konzert. Denn: „Lächeln macht lächeln“, so Järvi zu Hause in der Nähe von Tallinn. Die scheinbar schlechte Laune vieler, früher aller großen Dirigenten beim Auftritt sei einfach zu erklären: „Sie wussten es nicht besser.“ Nur Leonard Bernstein und Carlos Kleiber seien Ausnahmen gewesen. „Und deswegen sind sie ja auch die einflussreichsten Dirigenten geworden“, so Järvi. „Die Zeiten, in denen man als Dirigent Furcht und Schrecken verbreitete, sind hoffentlich ein für alle Mal vorbei“, meint er. „Die Pop-Musik als solche würde nicht einmal existieren, wenn nicht mit ihr zugleich das Lächeln in die Musik eingezogen wäre. Wer ernst bleibt, um damit Respekt zu erheischen, ist arm dran.“

Der koreanische Star-Pianist Seong-Jin Cho glaubt nicht, dass die technische Seite bei der Ausbildung in Korea eine zu dominierende Rolle spielt. „Es handelt sich um ein Klischee“, so Cho in Tanglewood, wo er in diesem Sommer konzertierte. „Und trotzdem ist etwas Wahres daran. Jedenfalls stimmt es, dass sowohl russische wie asiatische Pianisten die meist souveränste Technik haben“, so Cho. „Warum? Sie üben halt mehr.“ Als Kind habe ihn das Virtuose am Klavierspiel fasziniert, später habe es ihn gelangweilt. „Ich hasse Technik, mein Ziel besteht darin, Musik zu machen.“ Zu privaten erotischen Zwecken halte er das Klavier dagegen für ungeeignet. „Um jemanden zu verführen, käme ich nicht auf die Idee, mich ans Klavier zu setzen. Ich glaube, dass das nach hinten losgehen könnte. Wer am Klavier verführen will, ist bestimmt ein Langweiler.“

Kai Luehrs-Kaiser, 28.10.2023, RONDO Ausgabe 5 / 2023



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