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N° 1356
04. - 10.05.2024

nächste Aktualisierung
am 11.05.2024



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Überbordend begeisterungsfähig: Anne-Sophie Mutter, hier mit Daniil Trifonov, ist 60 geworden © Harald Hoffmann/DG

Pasticcio

Die Geigenmutter der Nation

Am 11. Dezember 1976 feierte Anne-Sophie Mutter quasi ihren ersten künstlerischen Geburtstag. An jenem Tag durfte die 13-Jährige nämlich in der Berliner Philharmonie einem gewissen Herbert von Karajan vorspielen. Und der Über-Maestro zeigte sich vom Spiel dieses übermusikalischen Mädchens so tief beeindruckt, dass er es sofort zu einem gemeinsamen Konzert einlud. 1977 spielte man bei den Salzburger Pfingstfestspielen ein Violinkonzert von Mozart. Und mit diesem Auftritt sollte Mutter den Grundstein für ihre Weltkarriere legen. Heute, fast 46 Jahre später, ist Anne-Sophie Mutter so etwas die Weltmarktführerin des Geigensspiels. Kein Konzertveranstalter von New York über Paris und Wien bis Tokio lässt es sich entgehen, sie mindestens für einen Auftritt in der Saison zu buchen. Und dabei kann es schon mal vorkommen, dass man ASM innerhalb kürzester Zeit mal als Solistin, mal als Kammermusikerin oder zusammen mit ihrem Ensemble „Mutter´s Virtuosi“ zu hören bekommt. Das Erstaunliche dabei ist: obwohl es allein im deutschsprachigen Sprachraum nun wahrlich spannendere Violinistinnen und Violinisten gibt – von Isabelle Faust und Carolin Widmann bis hin zu Frank Peter Zimmermann, Thomas Zehetmair und Christian Tetzlaff –, scheint das Publikum sich nicht an ihr satthören zu können. Konzerte mit ASM sind Kassenschlager.
Doch wenngleich dabei zumeist von Bach und Vivaldi bis Beethoven, Brahms und Tschaikowski die Meisterwerke des 18. und 19. Jahrhunderts im Mittelpunkt stehen, streut Anne-Sophie Mutter zwischendurch gerne musikalische Überraschungen ein – denn von der Moderne ist sie schwer begeistert. Auslöser dafür war das Stück „Chain 2“ des polnischen Komponisten Witold Lutosławski, das sie 1986 in Zürich mit dem Collegium Musicum Zürich unter Leitung von Paul Sacher aus der Taufe gehoben hatte. Mittlerweile sind zahlreiche Uraufführungen von Werken hinzugekommen, die extra für sie geschrieben wurden; darunter von Sofia Gubaidulina, Wolfgang Rihm und ihres Ex-Gatten André Previn. 2021 hob sie gar das für sie geschriebene 2. Violinkonzert von Soundtrack-König John Williams aus der Taufe.
Ihre Begeisterungsfähigkeit für jegliche Art von klassischer Musik ist bemerkenswert. Mit ihrem Ruhm und Namen schafft sie es aber auch, abseits des Konzertlebens Zeichen zu setzen. Mutter gibt regelmäßig Benefizkonzerte und engagiert sich u.a. für die SOS-Kinderdörfer. Außerdem gründete sie 1997 den „Freundeskreis Anne-Sophie Mutter Stiftung e.V.“, der sich die weltweite Unterstützung des musikalischen Spitzennachwuchses auf die Fahnen geschrieben hat. Und auch in die leidige Diskussion um einen neuen Konzertsaal in München mischt sie sich immer wieder wortstark ein. Für ihr Engagement ist die aus dem baden-württembergischen Rheinfelden stammende Musikerin entsprechend vielfach ausgezeichnet worden. Und zu ihrem 60. Geburtstag, den sie jüngst am 29. Juni gefeiert hat, gratuliert ihre Plattenfirma Deutsche Grammophon ihr jetzt mit der 5-LP-Box „The Solo Concerts“. Darin enthalten sind sämtliche Aufnahmen, die sie mit Karajan gemacht hat.

Guido Fischer



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