home

N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Oper & Konzert · Pasticcio

Jetzt leider zahnlos: Der Lieblings-Konzertflügel von Angela Hewitt © Keith Saunders Photography

Pasticcio

Nur noch Schrott

In noch nicht einmal einer Sekunde ist alles vorbei. Aus acht Meter Höhe stürzt da ein schwarzer Flügel mit großem Getöse auf einen Hallenboden. Und während aus diesem schwer demolierten Instrument immerhin noch die Saiten nachschwingen, scheinen die meisten Tasten für immer unbrauchbar herausgehüpft zu sein. Doch der dänische Komponist Simon Steen-Andersen hat diesen zerstörten Flügel nicht einfach resteverwertet. Für sein 2014 komponiertes Klavierkonzert erweckte er diesen Klangkörper per Video zu neuem Leben, indem er ihn zum Dialogpartner eines Live-Pianisten machte.
Dieser bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführte und sogleich mit einem Orchesterpreis ausgezeichnete „Flügelsturz“ kommt einem jetzt wieder in den Sinn, angesichts einer Meldung, die von einer ungewollten Flügelzerstörung berichtet. Leidtragende ist dabei die kanadische Meisterpianistin Angela Hewitt, die ähnlich wie ihre Kollegen Krystian Zimerman und András Schiff stets mit dem ihr vertrauten Instrument herumreist. Doch Hewitt ist nun das passiert, was sich auch kein Musikamateur wünscht, der mit seinen Klavier umzieht: ihr rund 600 Kilo schwerer Konzertflügel vom Typ F278 Fazioli wurde nun beim Transport völlig zerstört. Die gerade für ihr Bach-Spiel gepriesene Pianistin hatte gerade in Berlin eine Einspielung beendet, als es zum Unglück kam. „Die Klavier-Transporteure kamen in die Regie, um zu sagen, dass sie mein kostbares Fazioli Grand Piano fallen gelassen haben“, so Hewitt. Dass an dem Trümmerhaufen leider nichts mehr zu retten sein würde, bestätigte ebenfalls Fazioli nach kurzer Begutachtung. So ist auch der Eisenrahmen zerbrochen. Wie Hewitt auf ihrem Facebook-Account schrieb, würde es daher finanziell oder künstlerisch keinen Sinn machen, „dieses Instrument wiederherzustellen. It`s kaputt.“ Das rund 140.000 Euro teure Instrument ist laut der Musikerin das einzige einer Serie, das vier Pedale besaß. „Ich habe dieses Piano abgöttisch geliebt. Es war mein bester Freund, mein bester Begleiter.“

Guido Fischer



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Pasticcio

Schatten der Vergangenheit

Allzu lange hatten die Wiener Philharmoniker mit der lückenlosen Aufarbeitung ihrer Geschichte […]
zum Artikel

Gefragt

Stéphane Denève

Sinnliche Aquarelle

Eine Märchensammlung verwandelte Ravel in ein klingendes Brevier. Und das RSO Stuttgart erzählt […]
zum Artikel

Zugabe

Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne

Alte Musik-Fex René Jacobs (70), seit bald einem Vierteljahrhundert eine feste Bank der Berliner […]
zum Artikel


Abo

Top