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Es ist schon ein wilder Cocktail aus weihnachtlichen Stücken, den die Ex-Thomaner für ihre Fans gemixt haben: vom finnischen Klassiker »Juokse, porosein« über sanft ironisch arrangierte Schnulzen wie »I’m dreaming of a white Christmas« bis hin zu »Parang Christmas Chutney « aus Tobago mit seinen Rufen nach deftigem Schweinefleisch fürs Fest. Die Herausforderung, dieses Potpourri in ein zusammenhängendes Album zu gießen, führte die fünf Herren dann zwangsläufig zur Idee, sich erstmals in der Geschichte des Ensembles ins Tonstudio zu begeben, wo man auf der Suche nach dem für alle Stücke kompatiblen Sound mit Mixing, Soundeffekten und Mastering zu spielen begann.
Wobei der Blick über den Tellerrand allerdings auch zur Gruppenphilosophie von amarcord gehört – wie eine Reihe von Kooperationen und nicht zuletzt das von der Gruppe gegründete A-Cappella-Festival in Leipzig mit seinem genre- und länderübergreifendem Programm zeigt. »Wir lieben es, ungewöhnliche Wege zu gehen,« erklärt uns amarcord-Bass Holger Krause. Das separate Aufnehmen mit Kopfhörern habe gerade bei Arrangements mit instrumental geführten Stimmen große Vorteile, fand Krause, der als Bass oft die Percussioninstrumente imitiert: »Aber der Klang wird auch erst einmal völlig aufgebrochen. Mehr als bei anderen Produktionen muss man darauf vertrauen, dass vieles erst im Nachhinein entsteht.«
Dass die fünf Sänger die neuen Klangmöglichkeiten ebenso spielerisch nutzten, wie sie mit den unterschiedlichen Stilen jonglieren, die vom afrikanischen Stammesgesang bis hin zum 50er-Jahre-Sound im Bonustrack mit Götz Alsmann (namens »Zuckerbaecker-Remix«) als Gast reichen, daran hatte auch der legendäre Bill Hare Anteil, der die A-cappella-Szene schon seit den siebziger Jahren mit seinen Aufnahmen und Mixes begleitet – und bei dem man bei aller Spielerei auch den typischen, zugleich himmlisch reinen und doch warm geerdeten amarcord- Klang gut aufgehoben wusste.
Mit Überdruss an heimischen Weihnachtsritualen habe der musikalische Fremdgang jedenfalls nichts zu tun, betont Krause. »Ich glaube, trotz allem Stress hat man bei den Thomanern Weihnachten lieben gelernt«, sagt er: Die Weihnachtsoratorien, die gerammelt vollen Gottesdienste, das Singen vor Fenstern und Türen am Heiligabend, das Feiern auf den Stuben, »das war alles sehr voll und intensiv, aber auch die schönste Zeit des Jahres. Und irgendwann hat man auch gespürt, dass man Träger einer Tradition ist. Wenn man den Chor verließ, hatte man das alles erst einmal nicht mehr. Aber man hat etwas innerlich mitbekommen, was man auf seine Art wieder herstellen will.« Und das darf auch einmal im Tonstudio sein.
Carsten Niemann, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 6 / 2011
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