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(c) Fabian Schreyer
So mancher Sohn und manche Tochter dürften die Situation gut kennen, im Schatten eines berühmten Elternteils zu stehen. Gerade wenn man eine Karriere im selben Berufsfeld anstrebt. Man denke nur an Siegfried Wagner, der mit heldischem Namen und gewissenhafter Ausbildung in eine Richtung gedrängt wurde, in der er von vornherein zum Scheitern verurteilt war, im Versuch es dem Vater gleich tun zu müssen. Genau anders herum verhält es sich jedoch im Falle der Familie Mozart, wo der ebenfalls komponierende Vater Leopold seinem Sohn in Sachen Popularität keineswegs nur unterlegen ist, sondern auf heutigen Spielplänen so gut wie gar nicht mehr präsent ist.
Eine Ungerechtigkeit, die man in seiner Heimat Augsburg jedoch nicht einfach so auf sich beruhen lassen will. Zum 300. Geburtstag steht daher nicht nur das traditionsreiche Mozartfest ganz im Zeichen des oft vergessenen Sohnes der Stadt. Über das ganze Jahr verteilt lassen sich in zahlreichen Konzerten Kompositionen von Leopold Mozart neu bzw. wiederentdecken. Begleitet von Vorträgen, Diskussionen und anderen Veranstaltungen, die auch den Menschen hinter der Musik beleuchten sollen. An vorderster Front kämpft hier unter anderem auch die Heidelberger Professorin Silke Leopold, die nach dem „Großen Mozart-Handbuch“ aktuell an einer neuen Biografie über Leopold Mozart arbeitet, die im Herbst 2019 auf den Markt kommen soll. Ein in der Mozart-Forschung längst überfälliger Versuch, mit dem die renommierte Musikwissenschaftlerin das klischeebelastete Bild, das sich in vielen Köpfen festgesetzt hat, endlich ein wenig zurechtrücken will. Schuld am schlechten Image sind nämlich – ähnlich wie bei der angedichteten Erzfeindschaft Antonio Salieris – vor allem zahlreiche Bühnenstücke und Filme, in denen persönliche Beziehungen und Rivalitäten dramaturgisch wirksam aufbereitet wurden, ohne es dabei mit den historischen Fakten allzu genau zu nehmen.
Silke Leopold geht es bei ihrer Annäherung an Mozart Senior vor allem um eine objektive Betrachtung seines Lebens und seines kompositorischen Schaffens. Ohne dabei unfaire Vergleiche zu ziehen. „Ursprünglich hatte ich mal gesagt, ich möchte ein Buch über Leopold schreiben, in dem Wolfgang nicht vorkommt. Das geht natürlich nicht. Was aber sehr wohl geht, ist zu versuchen, konsequent die Blickrichtung des Vaters einzunehmen. Und nicht die Sicht Wolfgangs, der in späteren Jahren natürlich zunehmend unter seinem grantigen Vater leidet. Es ist sehr spannend, das einmal umzudrehen und darüber nachzudenken, was Leopold dazu bewogen hat, so zu handeln.“
An aussagekräftigen Quellen mangelt es nicht, da im Zuge der Forschung über Wolfgang Amadeus jeBlatt Papier mindestens zweimal umgedreht wurde, um das Leben und die Reisen des Wunderkindes zu rekonstruieren. „Darüber ist lange vernachlässigt worden, was sonst noch alles in diesen Briefen steht. Sie zeigen Leopold als einen unglaublich wachen und neugierigen Menschen, der an allem teilnimmt, sich für alles interessiert. Vergleiche zwischen den beiden anzustellen, wäre aber trotzdem der falsche Weg. Niemand wird behaupten, dass er ein gleichermaßen ernstzunehmender Komponist war wie sein Sohn. Aber wer lässt sich schon mit Wolfgang Amadeus Mozart vergleichen? Ich wollte einfach herausfinden, was Leopolds Persönlichkeit ausmacht. Zusätzlich zur Tatsache, dass er einen Sohn hatte, der eine Jahrtausendbegabung war.“
Interessant sind hierbei vor allem die Vergleiche mit anderen Vertretern der Generation vor Wolfgang Amadé. Eine Idee, die sich ebenfalls die Augsburger zu Herzen genommen haben, die keineswegs nur Vater und Sohn im Doppelpack präsentieren, sondern unter anderem auch Leopolds Sakralmusik etwa Antonio Rosettis „Missa in D-Dur“ zur Seite stellen, oder mit der Vierten von Bruckner gleich ganz auf Kontrastwirkung setzen. Wie sehr man Leopold Mozart oft unterschätzt, belegt allein schon die Tatsache, dass es in der alten Mozart-Gesamtausgabe mehr als ein Werk aus seiner Feder gab, welches man versehentlich dem Sohn zugeschrieben hatte. „Und das kann ja schließlich nicht auf einmal schlechter sein, nur weil ein anderer Name drübersteht.“ Ob Leopold Mozart auch nach seinem Jubiläumsjahr eine Chance hat, etwas öfter im Repertoire aufzutauchen, kann auch Silke Leopold nicht beantworten. „Ich würde es ihm wünschen. Aber das darf man nicht nur den Veranstaltern vorhalten. Das Publikum kommt eben doch eher, wenn große Namen auf dem Programm stehen. Da würde ich mir oft etwas mehr Neugier von den Menschen wünschen.“ In Augsburg gäbe es dazu nun reichlich Gelegenheit.
www.mozartstadt.de
Mozartfest Augsburg „Jubileo!“ (11. - 26. Mai)
Diskutiert man über die wichtigsten Werke Leopold Mozarts, dürfte nur wenigen Menschen spontan eine seiner Kompositionen in den Sinn kommen. Ganz anders bestellt ist es dagegen um den 1756 veröffentlichten „Versuch einer gründlichen Violinschule“. Nachdem die Kollegen Quantz und C. P. E. Bach bereits Vorarbeit für Flöte und Klavier geleistet hatten, schloss Vater Mozart mit diesem Buch eine Lücke in der deutschsprachigen Musikliteratur. Wobei er sich hierbei auf die existierenden pädagogischen Arbeiten italienischer Meister von Geminiani und Tartini stützen konnte. Bis heute gilt das Werk als eine der wichtigsten Quellen für die historische Aufführungspraxis.
Tobias Hell, 13.04.2019, RONDO Ausgabe 2 / 2019
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