home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Pasticcio

Mit Spaß bei der Sache: Das European Union Youth Orchestra (c) Peter Adamik/euyo.eu

Pasticcio

Time to Say Goodbye

Noch sind die Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU, zwischen Theresa Mays Strategen und den Brüsseler Beamten nicht mal in die heiße Phase eingetreten. Trotzdem hat sich bereits im ersten Jahr nach dem Brexit-Votum im Musikleben Englands einiges getan. So haben sich die Gewohnheitsmahner Daniel Barenboim und Igor Levit berufen gefühlt, bei ihren Londonern Auftritten zu den diesjährigen Proms zu einer Entscheidung Stellung zu nehmen, die an der Wahlurne gefällt worden war. Mehr ins Gewicht fallen dagegen schon jetzt spürbar jene Lücken von bislang in England beheimateten Orchester, die jetzt gezwungenermaßen auf dem Festland ein neues Zuhause suchen müssen. Denn wer auch weiterhin finanziell am EU-Tropf hängen möchte, kann dies natürlich fortan nur in einem Land tun, das weiterhin EU-Mitglied ist. Schon im Frühjahr sorgte somit die Nachricht für Aufmerksamkeit, dass das European Union Baroque Orchestra (EUBO) sein Domizil in Oxfordshire verlassen und nach Belgien, nach Antwerpen umziehen wird. Das Orchester reagierte damit aber nicht nur auf mögliche ökonomische Einschnitte bei einem Verbleib in England. Da die Musiker des EUBO aus insgesamt 14 verschiedenen EU-Ländern stammen, befürchtete man auch organisatorische und logistische Probleme.
Nun folgt dem EUBO das EUYO. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich das European Union Youth Orchestra, das 1976 nach einem Beschluss des europäischen Parlaments gegründet worden war und seitdem mit Pultgranden wie Claudio Abbado, Leonard Bernstein und Simon Rattle zusammengearbeitet hat. Rattle war es auch, der noch 2016 zusammen mit den Symphonikern des Bayerischen Rundfunks gegen eine anvisierte Schließung des Jugendorchesters protestiert hatte. Nachdem tatsächlich das Ende des EUYO noch abgewendet werden konnte, steht 2018 eine grundsätzliche Luftveränderung ins Haus. 40 Jahre war das Orchester, das von der EU-Kommission und vom Europäischen Parlament unterstützt wird, in London ansässig. Im nächsten Jahr zieht man dann mit Sack und Pack in die norditalienische Stadt Ferrara um. Es mache schließlich keinen Sinn, den Sitz des Orchesters außerhalb der EU zu haben, sagte der Geschäftsführer des EUYO, Marshall Marcus, dem britischen „Guardian“. Man könne keine EU-Fördermittel beantragen, wenn man nicht in einem Mitglied der EU zuhause sei. Mit dem Abschied wird aber zudem noch ein weiteres Zeichen gesetzt. Denn spätestens, wenn der Brexit amtlich ist, werden dem EUYO keine britischen Musiker mehr angehören dürfen. Da sind die Eurokraten stur und beinhart.

Guido Fischer



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Da Capo

Berlin, Deutsche Oper: Korngolds „Das Wunder der Heliane“

Ein Wunder für das „Wunder“! Der Skandal der Erlöseroper „Das Wunder der Heliane“ von […]
zum Artikel

Gefragt

Chen Reiss

Cherio!

Die israelische Sopranistin liebt ihren Mann, Zubin Mehta und Papst Franziskus. Auch ihre Zeit in […]
zum Artikel

Volt & Vinyl

Volt & Vinyl

Legendärer Mahler 2.0

Ab 1960 sorgte Leonard Bernstein mit seiner ersten Gesamteinspielung der neuneinhalb […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19-jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Komponiert 1883/84, zwischen der ersten Sinfonie und der „Burleske“ für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen Instrumentalmusik.

Aus einer viel späteren Schaffensphase, nämlich den letzten Kriegsmonaten 1945, stammen die „Metamorphosen für 23 Solostreicher“. Zu jener Zeit arbeitete […] mehr


Abo

Top