Challenge/SunnyMoon CC 72508
(68 Min., 9/2010)
Es gibt Aufnahmen, deren Misslingen schon nach wenigen, geradezu verhängnisvollen Takten festzustehen scheint. Die erste Nummer der "Kreisleriana" beginnt, Alexei Volodin tritt das Pedal bis zum Anschlag durch, rast los, als gelte es, im Etüdenpresto eine Wasserfläche zu durchqueren, und alle artikulatorischen Umrisse verschwimmen. Der lyrische Mittelteil hält diesen Gehetzten nicht auf. Dort begegnet man seiner – etwas maliziös überspitzt – einzigen Strategie, so etwas wie musikalischen Ausdruck zu generieren. Wie eine silbern glänzende Flosse brechen da zwei allzu akzentuierte Mittelstimmen-Synkopen (T. 34 & 38) durch die graubewegte Klangoberfläche. Solche stellvertretenden Überpointierungen, die eine interpretatorische Durchdringung nur simulieren, blitzen hier und dort auf. Der Monotonie bieten sie keinen Gegenpart, bald ist Kreislers Welt wieder gestaltlos öd und leer. Volodins mechanischer Entfesselung geht jeder Sinn für Klangfarben ab, auch scheint er nicht über ein sonderlich voluminöses Forte zu verfügen, so dass dieses gespenstisch jagende Grau-in-grau-Klöppeln, das im Mittelteil der fünften oder – ganz schlimm! – in der siebten Kreisleriana endgültig ins Groteske kippt, als Deutungskonzept kaum trägt, zumal es ihm jeden Einblick in Schumanns innere Dämmerwelten verbietet.
Die "Miroirs" sind einen Hauch erträglicher geraten, aber sie leiden an den gleichen Defekten. Die "Barque" scheitert an einem die Effekte allzu sehr forcierenden, manuell verwaschenen Zugriff – dabei sollten Wasserfahrten Volodin doch liegen –, subtiles Rieseln und Perlen, die Ahnung des Clavecinistischen, sind außerhalb seiner Reichweite. Auch die "Alborada" ist ganz auf die schnarrende Pointe fixiert. Dass bei soviel pianistischer Undifferenziertheit die fünfte Sonate Skrjabins blass bleibt, muss man kaum mehr weiter ausführen. Zu den phantastischen Rauschwelten Schumanns und Skrjabins bleibt ihm jeder Zutritt verwehrt.
Matthias Kornemann, 16.07.2011
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