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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Follow The White Rabbit

Yaron Herman-Trio

ACT/Edel 1094992 ACT
(59 Min., 6/2010)

Man wird das Gefühl nicht los: Irgendwie kommt dieses Album zu spät. Stücke von Radiohead und Kurt Cobain im Jazz-Klavier-Trio-Format spielen – nun, seit Brad Mehldau muss man sich da schon mächtig anstrengen, um dieser Idee etwas schlüssig Neues hinzuzufügen. In der akustischen Dreierbesetzung klingen wie eine veritable Rock-Band – das hat schon E.S.T. so perfektioniert, dass man zwangsläufig wie ein Plagiat klingt. Als besondere Note nahöstliches Melodiematerial in die Kompositionen einflechten – da war Avishai Cohen schneller.
Vielleicht wäre es etwas anderes, wenn es sich bei der Aufnahme um ein Debüt handeln würde. Dann könnte man das Sich-Abarbeiten an den Standards des zeitgenössischen Piano-Trio-Musizierens als vielversprechende Talentprobe würdigen. Allerdings ist der 1981 geborene israelische Pianist Yaron Herman in der Szene – und vor allem in seiner Wahlheimat Frankreich – seit seiner fulminanten Einspielung "A Time For Everything" längst kein Unbekannter mehr. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen.
Natürlich werden sie bei einem Musiker von diesem Niveau nicht wirklich enttäuscht. Herman und sein neues Trio mit Chris Tordini am Bass und Tommy Crane am Schlagzeug agieren wie aus einem Guss, was bei der Verschiedenartigkeit der einzelnen Stücke keine leichte Aufgabe ist. Mal ist Stadionrock-Hymnik gefragt (wie in dem großartigen, zwischen Massive Attack und Bach changierenden "Saturn Returns"), mal die höhere Odd-Time-Zählzeiten-Mathematik ("Trylon"), mal Folklore-Sensibilität ("Ein Gedi"), mal Jazzballaden-Zurückhaltung (in der Disneyfilm-Nummer "Baby Mine" wickelt Herman aufs Liebevollste jeden Ton in Geschenkpapier ein). Nur bei seinem kurzen Ausflug in die Klassik ("Cadenza") bleibt der Pianist lieber unbegleitet.
Einmal allerdings, in dem kurzen retrofuturistischen Avantgarde-Ausbruch "White Rabbit Robot", lässt das Trio Überraschendes vom Stapel. Das klingt dann wie etwas, das man noch nicht zuvor gehört hat. Leider geschieht das angesichts von Hermans Potenzial auf "Follow The White Rabbit" viel zu selten.

Josef Engels, 27.11.2010


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