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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Gustav Mahler

Das Lied von der Erde

Janet Baker, Ludovic Spiess, BBC Symphony Orchestra, Rudolf Kempe

BBC Legends/Musikwelt BBCL 4129-2
(78 Min., 10/1975) 1 CD

Mahlers "Lied von der Erde" wird dem CD-Käufer meist in Otto Klemperers berühmter Aufnahme (EMI) empfohlen, denn Fritz Wunderlich vermochte die Tenor-Partie mit einzigartiger Ausdrucksstärke und Stimmschönheit zu gestalten. Auch hat Klemperers Umsetzung der Partitur viel Lob erfahren. Dass es allerdings auf orchestraler Ebene noch manches mehr zu entdecken gibt, demonstriert Rudolf Kempe im vorliegenden Live-Mitschnitt aus der Royal Festival Hall (1975): Präzision, Plastizität und Tiefenschärfe faszinieren gleich in den Zwischenspielen des ersten Satzes, wo Kempe außerdem andere als die gewohnten Akzente setzt; klanglich überrascht besonders das kraftvolle Blech, und insgesamt scheint Mahlers Weltschmerz-Tonfall hier noch prägnanter getroffen als bei Klemperer.
Der Rumäne Ludovic Spiess ist, obwohl stimmlich durchaus potent, freilich kein zweiter Wunderlich, das sei nicht verschwiegen; außerdem hat man sein Mikrofon ungünstig platziert, und er nimmt es mit den Notenwerten nicht immer so ganz genau. Die interpretatorisch wie immer äußerst intensive Janet Baker hingegen, obwohl 1975 schon nicht mehr ganz auf der Höhe ihrer Möglichkeiten, stellt mindestens eine echte Alternative zur immer etwas dumpf-wattigen Christa Ludwig bei Klemperer dar.
So souverän Kempe am Pult zu agieren pflegte, so holzschnittartig präsentierte er sich 1974 im ebenfalls auf der CD enthaltenen BBC-Interview: Mit gebrochenem, ganz unidiomatischen Englisch bekundet er u. a., zeitgenössische Musik, die er prinzipiell ablehnt ("das ist keine Musik"), nur gelegentlich "aus Interesse" aufzuführen. Der Namen eines Münchner Komponisten, den er kurz zuvor im Programm hatte, fällt ihm bei dieser Gelegenheit nicht mehr ein. So ergibt sich mittels dieser CD ein durchaus vielschichtiges Bild dieses introvertierten, früh verstorbenen Dirigenten, dessen vergleichsweise wenige Aufnahmen weitaus mehr Interesse verdienen, als ihnen derzeit zugebilligt wird.

Michael Wersin, 01.09.2007


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