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N° 1355
27.04. - 07.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Ein unbekanntes Requiem von einem unbekannten Komponisten, das aber eine interessante, ja bewegende Geschichte hat: Józef Kozłowski (1757-1831) schuf das Werk als Totenmesse für den polnischen König Stanisław, der 1798 im russischen Exil starb – vorausgegangen war die dritte Teilung Polens, weshalb das Stück weit über die Person des Königs hinaus wohl auch das Schicksal seines Landes betrauert.
Kozłowskis Requiem enthält die seinerzeit üblichen Teile der Totenmesse, so wie sie etwa auch bei Mozart vorzufinden sind. Einzig die Communio „Lux aeterna“ ist textlich leicht umgestellt – möglicherweise ist diese Maßnahme Teil der Dramaturgie, die den vom Komponisten intendierten eindrücklichen Schluss-Effekt eines „Fade out“ der Musik vorbereitet.
Freilich ist das Werk seiner Qualität nach kein zweites Mozart-Requiem, aber es hat neben sehr einfach gehaltenen Passagen durchaus einige reizvolle Abschnitte, die von der Kreativität Kozłowskis zeugen. Dennoch will beim Hören der Funke nicht so recht überspringen: Es handelt sich um eine sehr konventionelle Darbietung, professionell und partiturgetreu gespielt und gesungen – aber mehr eben auch nicht. Das hat nicht unbedingt damit zu tun, dass hier Ensembles aus Singapur zu Werke gingen, denn Aufnahmen von Kirchenmusik jener Zeit, die gelegentlich von deutschen Rundfunkanstalten veröffentlicht werden, klingen auch nicht anders. Nein, man kommt dieser Musik, will man sie vom Text her spannend und abwechslungsreich darbieten, ohne ein Mindestmaß an musikalisch-rhetorischer Kompetenz aller Beteiligten heute nicht mehr bei, zu sehr sind wir an entsprechend gelungene Interpretationen aus der Perspektive einer historisierenden Aufführungspraxis gewöhnt.
Trübe sieht es auch im solistischen Bereich aus: Eigentlich spricht nur die Stimme des Tenors Boris Stepanov, der im „Agnus Dei“ eine größere Aufgabe hat, wirklich an. Der Bassist hingegen hat vor allem im „Tuba mirum“ wirklich zu kämpfen, schlackerndes Vibrato und eine dumpfe obere Lage machen wenig Freude. Und die beiden Damen hinterlassen als Duo schon gleich im ersten Satz keinen guten Eindruck: Vibratoreich absolvieren sie gleichförmig ihre Terzen- und Sextenparallelen, die erst durch eine textnahe Phrasierung sowie durch eine Artikulation, die ein Verständnis der Textaussage auf Seiten der Singenden wenigstes vermuten lassen würde, wirklich zum Leben erwachen könnten.

Michael Wersin, 20.04.2024


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