Der Sonnenkönig war bekanntermaßen ein Freund der Künste. Und besonders ein Zupfinstrument hatte es ihm angetan – nicht etwa die Laute, sondern die Gitarre! Sein treuester musikalischer Begleiter in schlaflosen Nächten war denn auch sein Haus- und Hofgitarrist Robert de Visée. Doch da gab es ja noch einen zweiten, der mit seinem Gitarrenspiel bei Königs Erfolg hatte. Das war Henry Grenerin, der an der Theorbe bei den königlichen Balletten mitwirkte und nebenbei immerhin sechzehn Suiten für die Gitarre komponierte. Dieses 1680 veröffentlichte Konvolut wurde aber erstaunlicherweise von der nachfolgenden Gitarrenzunft genauso sträflich übersehen wie sein Schöpfer.
Nun hat Bruno Helstroffer dem vergessenen Monsieur ein ganzes Album gewidmet – mit vier ausgewählten Suiten, die denen etwa von de Visée in nichts nachstehen, was Esprit und Eleganz, Feingeist und Delikatesse angeht, Das tänzerische Element weiß Helstroffer auf seiner Kopie einer Pariser Barockgitarre von 1676 in eine Art absolute, für sich stehende Musik jenseits der Straße und des königlichen Parketts zu verwandeln. Und auch der immer wieder aufkommende, spanische Einfluss besitzt hier nichts Folkloristisches, sondern kommt als eine weitere Farbe in dieser wertvollen Musik daher. Zwischendurch hat Bruno Helstroffer zusammen mit der Sopranistin Chantal Santon Jeffery noch zwei Airs von den beiden Barockkomponisten Antoine Boësset sowie Jean de Cambefort eingestreut. So kostbar aber auch diese Stücke sind – ein wenig stören sie doch die selige Atmosphäre, in der sich Henry Grenerin und Bruno Helstroffer in den Suiten ausgetauscht haben.

Guido Fischer, 16.09.2023

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