Alpha/Note 1 ALP1000
(73 Min., 8&10/2022)
2022 verabschiedete sich das Emerson String Quartet nach fast 50 Jahren aus dem Klassik-Betrieb. Und wie man da so auf weltweiter Farewell-Tour war, nahm man die Gelegenheit beim Schopfe und kehrte kurzerhand für das nunmehr allerletzte Album ins Aufnahmestudio zurück. Mit dabei waren die Sopranistin Barbara Hannigan sowie Pianist Bertrand Chamayou. Und das Programm zu dem mit „Infinite Voyage“ betitelten Album sollte aus einem Guss und einem gemeinsamen Geist daherkommen. Denn es ist nicht nur das Nervöse und Lodernde, das Brüchige und Sehnsüchtige, das Glutvolle und Explosive, das diese vier Werke aus der klassischen Moderne miteinander verbindet. Mit diesen Klangsprachen aus der Zeit des Fin de Siècle, des Aufbruchs und des Ersten Weltkrieges haben sich gerade das Emerson String Quartet sowie Barbara Hannigan immer wieder beschäftigt.
Nun also ein Album voller Spannungen und menschlicher Gratwanderungen, die im Finalstück, in Arnold Schönbergs expressionistischem 2. Streichquartett mit seinen beiden Vokalsätzen gipfeln. Und wie Hannigan alleine die Trauer in Stefan Georges Gedicht „Litanei“ volumenstark herausschleudert und die Luft vibrieren lässt, ist nichts für schwache Nerven. Zumal das Emerson String Quartet mit gekräuselten und gezackten Gesten das Katastrophenpotenzial dieser Untergangsmusik noch verstärkt.
Kaum einen Deut versöhnlicher geht es aber auch in den anderen Werken zu. Paul Hindemiths für Stimme und Streichquartett komponierter Liederreigen „Melancholie“ basiert auf Gedichten von Christian Morgenstern und besingt mit bisweilen minimalistischen Streicherverläufen verlorenen Lebensmut. Auf Alban Bergs frühes Streichquartett op. 3 folgt ein bittersüßes, noch von der Spätromantik geküsstes „Chanson perpétuelle“ für Stimme, Streichquartett und Klavier des Franzosen Ernest Chausson. Und auch hier verschmelzen alle Beteiligten zu einer Stimme – was einfach nur betörend schön und wunderbar ist.
Guido Fischer, 09.09.2023
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