Man mag über den Bonn-Berlin-Umzug denken, was man will: Im Hinblick auf die improvisierte Musik war er für die Stadt am Rhein zweifellos positiv. So gibt es seit 2010 das hervorragend besetzte jährliche Jazzfest in Bonn, was zu Hauptstadtzeiten aus unerfindlichen Gründen ein Ding der Unmöglichkeit war. Und es hat sich auch eine Szene in und um Bonn beheimateter Musiker mit internationalem Background herausgebildet, die sich nicht zu verstecken braucht.
Die Lazarev Project Group um den 1967 im russischen Jaroslawl geborenen Gitarristen Igor Lazarev ist dafür ein gutes Beispiel. Nach dem 2017 erschienen Debüt „Shine Your Light“ im Trio-Format geht „Groove Journey“ nun in die Vollen: Mit üppigen pointierten Bläsersätzen à la Tower of Power, Gästen mit belgischem, polnischem oder niederländischem Pass sowie abwechslungsreicher Instrumentierung durchmessen Lazarev und sein Kern-Trio mit Christian Kussmann am E-Bass und Mike Haarman an den Drums sämtliche Schattierungen des zeitgenössischen Jazzrocks.
Da spannt sich der Bogen von virtuos Bluesrockigem in den auf die Gitarristenkollegen Scott Henderson oder Robben Ford verweisenden Stücken „Happy Groove“, „Song For AI“ und „Welcome To The Gig“ über Eingängiges für das rheinromantische Kölsch am Abend („Nachtgespräch“) bis hin zu fein pulsierendem Latin („Suddenly Autumn“).
Lazarev verbindet dabei seine jugendliche Prägung durch rechtschaffene Rock-Gniedler wie Ritchie Blackmore oder Joe Satriani mit seinem Faible für Jazz- und Fusiongitarristen vom Schlage eines Mike Stern oder Wayne Krantz. Und zeigt immer wieder ein Gespür für Melodien mit hohem Wiedererkennungswert. Früher hieß es einmal, dass Bonn nur halb so groß wie der Friedhof von Chicago, dafür aber doppelt so tot sei. Wenn man die Lazarev Project Group hört, könnte man meinen, dass Bonn nicht nur quicklebendig ist, sondern auch direkt neben L.A. an der US-Westküste liegt.

Josef Engels, 02.09.2023

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