Im Alter von 18 Jahren legte der Pole Karol Szymanowski mit den Neun Préludes sein Opus 1 vor. Doch in diesem Heft finden sich mit den Préludes Nr. 7 & 8 immerhin zwei Stücke aus der Feder des 14-Jährigen. Und in all ihrer Sentimentalität spiegelt sich da Szymanowkis Bewunderung für Frédéric Chopin wider. Dennoch outet sich der Teenie Szymanowski hier nicht als reiner Traditionalist, sondern als ein aufstrebender Komponist, dem etwa auch die Musik des russischen (Chopin-Bewunderers) Alexander Skrjabin vertraut war.
Mit vier Préludes aus diesem Opus 1 eröffnet nun auch Krystian Zimerman seine tatsächlich erste diskografische Verbeugung vor seinem Landsmann. Und dessen Musik liegt ihm allein schon deswegen, weil sie immer wieder auch vom Einfluss Claude Debussys und damit eines Komponisten „erzählt“, den Zimerman gleichermaßen bravourös beherrscht. So meint man zum Beispiel in den gleichermaßen ausgewählten Mazurken op. 50 Debussys „Golliwog’s Cakewalk“ zu erahnen. Überhaupt hat Szymanowksi die klassische Moderne stets erstklassig verarbeitet. Wie in den „Masques“ op. 34, die mit ihrer zersplitterten Diabolik an Sergei Prokofjew erinnert. Und die letzte Variation in den „Variationen über ein polnisches Volksthema“ op. 10 entpuppt sich als eine spektakuläre Rachmaninowiade, bei der Zimerman seine ganz Brillanz bis in die feinsten Zwischentöne zum unübertroffen Besten gibt. Große Klaviermusik mit einem noch größeren Pianisten ist das.

Guido Fischer, 22.10.2022

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