Was für ein Saxofonist! André Roligheten ist zwar formal nur Sideman im Trio des Schlagzeugers Gard Nilssen, doch mit Sopran-, Tenor- und Basssaxofon sowie Klarinette prägt er den Klang des Ensembles. Wie nur wenige beherrscht Roligheten die hohe Kunst, die Klangstruktur seiner Töne permanent zu verändern und damit akustische Geschichten zu erzählen, die weit darüber hinausgehen, was mit Melodie und Rhythmus möglich ist. Verträumt, fest, elegant und weinerlich schwebt sein Ton in „Altaret“ und eher hymnisch und füllig bläst er das Tenorsaxofon in „Spending Time with Ludwig“, während er in „Influx Delight“ und „Acoustic Dance Music“ mit schärferem Klang Sprünge vollführt, die an Spontan-Melodien von Ornette Coleman erinnern. „Lokket til Jon, og skjerfet til Paul“ hingegen ist eine warmherzige Ballade. Andererseits zaubert er wie einst Rahsaan Roland Kirk in „The Other Village“ mit gleichzeitig gespieltem Tenor- und Sopransaxofon eine fast mystische Mehrstimmigkeit.
Neben ihm scheinen der Bandleader Nilssen und der Kontrabassist Petter Eldh beim oberflächlichen Hören zu verblassen. Doch das täuscht: Ohne die beiden würde Roligheten im luftleeren, beziehungsfreien Raum schweben. Nilssen legt sein Schlagzeugspiel sehr weiträumig und perkussiv an. Er gibt den Takt nur indirekt vor; wesentlicher ist, wie er sein Set als vielschichtiges, quasi-solistisches Instrument einbringt. Ähnlich souverän ersetzt Peter Eldh die übliche Grundierungsfunktion des Kontrabasses durch eigenständige, oft impulsive, stets einer verborgenen Melodie nachspürende Tonbewegungen. Das großartige, über die Konventionen einer solchen Besetzung weit hinausragende Zusammenspiel macht das Trio zu dem, was der Name der Band ausdrückt: Zur einer „Acoustic Unity“, die auf einer „Elastic Wave“ musiziert.

Werner Stiefele, 20.08.2022

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