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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Stefano Gervasoni, Gérard Pesson, Enno Poppe

Streichquartette

Quatuor Diotima, Pascal Moraguès

Naïve-Indigo/375 Media 05222802
(168 Min., 2016-2018) 3 CDs

Zwischendurch, zwischen all den hingeschleuderten Tonfäden und wildumtosten Klanginseln der Stille wird es auf diesem 3 CD-Set der allerjüngsten Streichquartett-Moderne richtig mollig warm ums Herz. In „Nebenstück“ des Franzosen Gérard Pesson nämlich, das eine Art Brahms-Fantasie über dessen Klavierballade op.10/IV ist. Seelenruhig sanft und in Slow Motion bewegt sich das Quatuor Diotima gemeinsam mit seinem Gast, dem Klarinettisten Pascal Moraguès durch diese Hommage. Und auch wenn man sich wie geborgen fühlt in dieser nostalgischen Klangwelt, hat ihr Pesson mit seinem Zauberfarbkasten ganz eigene Zwischentöne und Ausdrucksvaleurs verliehen. Als „dialektisch sinnlich“ hat einmal Helmut Lachenmann die Musik seines Kollegen bezeichnet. Eine Einordnung, die auf dieses „Nebenstück“ (das meilenweit von einer postmodernen Geisterbeschwörung entfernt liegt) genauso zutrifft wie auf Pessons drei extreme feingliedrige und spannungsvolle Streichquartette. Und wenn es um das Hörbarmachen selbst von mikroskopisch kleinsten Tonpunkten geht, ist auch hier das Quatuor Diotima voll in seinem Element. Die zeitgenössische Streichquartettmusik ist für diese französischen Ensemble aber halt von jeher weniger Herausforderung als vielmehr eine Abenteuerreise entlang der sich weiterhin erneuernden und häutenden Traditionsgattung.
Jeweils eine komplette CD hat das Quatuor Diotima drei Komponisten gewidmet. Neben Pesson sind es der Italiener Stefano Gervasoni sowie der Wahl-Berliner Enno Poppe, die sich mit dieser vierstimmigen „Heimat der abendländischen Bürgermusik“ (Poppe) regelmäßig auseinandergesetzt haben. Bei den drei Werken Gervasonis (unter anderem beim 3. Streichquartett „clamour“ sowie „strada non presa“) bricht der Einfluss von Lachenmann immer wieder abrupt hervor – in Form von einer geradezu körperlich-existenziellen Klangerzeugung, die dem nie nachlassenden expressiven Dauerdruck eine noch größere Intensität verleiht. Bei Enno Poppe geht es hingegen sofort eher burlesker zu. „Buch“ lautet das 2016 vollendete Werk, das von einer taumelnden und rutschenden Bewegungslust lebt. In „Zwölf“ dreht sich alles um ein monologisierendes Cello. Und während in „Tier“ ein merkwürdiges, ja gespenstisch anmutendes Leben steckt, spielt bei Poppes bislang letztem, sich mit markanter Motivik ins Ohr bohrendem Quartett „Freizeit“ nicht zuletzt das Umblättern eine formgebende Rolle. Und auch das beherrscht das Quatuor Diotima beeindruckend gut.

Guido Fischer, 02.04.2022


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