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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Maurice Ravel, Ernest Chausson

Klaviertrio a-Moll, Klavierquartett A-Dur op. 30

Trio Machiavelli

Berlin Classics/Edel 0301417BC
(61 Min., 1/2019)

„Mit der Sicherheit und Hellsicht eines Verrückten“ hat Maurice Ravel, wie er selbst in einem Brief formuliert, Anfang August 1914 an seinem Klaviertrio a-Moll gearbeitet. In jenen Tagen brach auch der Erste Weltkrieg aus. Ob das Werk einen Bezug zu diesen Ereignissen hat, lässt sich nur schwer bestimmen: Die impressionistische Klangwelt Ravels ist eher ein hermetisches Gefilde, Deutungslinien von innen nach außen oder umgekehrt zu ziehen, fällt schwer. Auf jeden Fall ist das großartige Stück aber ein Statement in puncto französische Stilistik: Geschickt erweiterte und angereicherte Dreiklangsharmonik, mal als Basis geisterhafter „Misterioso“-Passagen, mal im Getümmel atemberaubender Virtuosität, verursacht immer wieder einen Taumel ins Bodenlose, wenngleich zur selben Zeit auch traditionelle Formen wie diejenige der Passacaglia vom Komponisten als Grundlage gewählt wurden: Partizipation an einer internationalen europäischen Musiksprache, aber in einem unverwechselbar eigenständigen – eben französischen – Tonfall. Ähnlich international lässt sich auch Ernest Chausson, knapp eine Generation jünger als Ravel, verorten: Ab 1886 Sekretär der „Société Nationale de Musique“ und gleichzeitig ein Richard-Wagner-Verehrer, vermochte er 1897 in seinem Klavierquartett op. 30 zu einer Stilistik zu finden, die harmonisch deutlich an seinen Lehrer Franck erinnert, aber auch die Bayreuth-Erfahrungen verarbeitet. Das Stück ist in Chaussons Schaffen schon ein Spätwerk: Weniger als zwei Jahre nach Fertigstellung verunglückte er erst 44-jährig tödlich.
Die beiden spektakulären Kammermusikwerke verbinden sich auf der vorliegenden CD glücklich zu einer farbenprächtigen Fin-de-Siècle-Schau. Dass sie den Mitgliedern des Trio Machiavelli (für Chausson um den Bratscher Adrien Boisseau erweitert) ein Herzensanliegen sind, steht nicht einen Moment in Zweifel: Von der ersten bis zur letzten Sekunde genießen wir eine bemerkenswerte interpretatorische Kreativität, die immer und immer wieder bis in die fernsten Ausdrucks-Winkel der Musik hineinleuchtet. Das spieltechnische Finish aller Beteiligten ist ebenso eindrucksvoll wie die Fähigkeit, sich ohne Vernachlässigung individuellen Timbres gemeinsam zum Sprachrohr der Musik zu machen. Eine höchst anerkennenswerte Darbietung im Dienste eines wahrlich nicht allgegenwärtigen Repertoires.

Michael Wersin, 29.08.2020


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