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Bücher haben ihre Schicksale. Vor fünf Jahren klärte der Germanist Peter Hawig ein für alle Mal, was eine „Offenbachiade“ ist. Es handelt sich bei diesen Stücken, die Jacques Offenbach selbst „Opéra bouffe“ nannte, um zeitkritisches Musiktheater, das mit dem Genre, das hierzulande pauschal „Operette“ genannt wird, nichts zu tun hat. Hawigs Buch heißt „Musiktheater als Gesellschaftssatire“, hat rund 500 Seiten und kam in einem so kleinen Verlag (Burkhard Muth, 68,- Euro) heraus, dass die Musiköffentlichkeit davon kaum etwas mitkriegte. Freilich, die Intendanten und Dramaturgen, die hätten es lesen müssen! Haben sie aber nicht, wie speziell an deutschen Spielplänen abzulesen.
Dort herrscht nach wie vor „Offenbach-Missachtung“ vor und ein skandalöser „Offenbach-Missbrauch“. So bringt es der Musikjournalist Dieter David Scholz jetzt zornig auf den Punkt. Er hat nachgelegt und Hawig nicht nur einen Gast-Auftritt in seinem neuen Buch verschafft, sondern viele weitere Zeugen aufgerufen, die dessen These stützen. Scholz referiert die widerhakenreiche Geschichte der Offenbach-Rezeption von Heine bis Kracauer, Nietzsche bis Adorno. Er nimmt jüngste musikwissenschaftliche Arbeiten unter die Lupe und erinnert an Wohl und Wehe der „Offenbach-Usurpation“ der DDR. Da er all seine Quellen kommentiert, meinungsstark und adjektivreich, ist dieses nützliche Buch ein echtes Lesevergnügen. Was auch für die achtzehn Kritiken gilt, die Scholz aus dem eignen Fundus als reisender Opernkritiker beisteuert. Sie zeigen, was sich zwischen 1994 und 2023 (nicht) geändert hat an deutschen Stadttheatern. Sehr gut, dass es ein Werkverzeichnis gibt sowie Bibliografie, Diskografie und Namensregister.
Eleonore Büning, 16.12.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023
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