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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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(c) Nancy Horowitz/Martin Weinknecht

Daniel Behle

„Nicht immer boxen!“

Hans-Dampf-in-allen-Gassen, bleibt Behle doch stets seinem lyrischen Tenor treu. Jetzt auch mit Orchesterliedern der beiden Richards, Wagner und Strauss.

RONDO: Sie haben gesagt, dass Sie 30 Jahre lang geträumt hätten von dieser Aufnahme. Können Sie sich an Ihre erste Begegnung mit dem Werk erinnern?
Daniel Behle: Ich entwickle mich hoffentlich nicht von etwas weg und zu etwas anderem hin. Mir ist es sehr wichtig, meine lyrischen Wurzeln zu behalten und weiterhin Schubert, Mozart, Haydn und Bach singen zu können. Ich versuche aber meine stimmlichen Möglichkeiten auszuloten, da ich merke, dass ich mehr kann und dass die Stimme das auch gerne hat. Das ist aber gar nicht so einfach auszuleben, da wir heute für jedes Fach Spezialisten haben, die auch tatsächlich nur für diese „Schublade“ gebucht werden. Dagegen kämpfe ich an und versuche, mich so universell wie möglich aufzustellen. Es braucht dafür auch viel Überzeugungsarbeit meiner Agentur bei Veranstaltern und Intendanten – und meine Leistung muss stimmen.

Welche Technik braucht man für Wagner? Wie singt man diese Musik?
Wagners Musik hat für mich eine gewisse melodische Statik, die man konterkarieren muss. Sie ist oft vertikal aus dem Akkord entwickelt, also nicht horizontal aus der Linie wie zum Beispiel bei Mozart oder Schubert. Dazu schwelgt man als Sänger in einer Klangwolke, die einem das Gefühl gibt, jedes Wort und jeden Ton deklamatorisch in die Welt schreien zu müssen. Wer Wagner singt, muss deshalb einen strahlenden, gutsitzenden Ton in den Raum stellen können, der einen Anfang und ein Ende hat, aber eben keine melodische Entwicklung in sich trägt. Ich möchte trotz allem extrem gut phrasieren, damit eben diese Statik im Gesang ausgehebelt wird. Nicht immer boxen!

Im kommenden Jahr wechseln Sie zwischen Lied, Mozart und Wagner. Wie geht das?
Die unterschiedlichen Stile befruchten sich für mich gegenseitig. Es war zum Beispiel gerade jetzt ganz wichtig, vor den anstrengenden „Lohengrin“-Proben in Amsterdam bei Bayreuth Barock mein „Kings Of Bravura“-Konzert mit unbekannten Barockarien aus der Taufe zu heben. Diese Musik hat sehr viele Koloraturen, braucht einen leichten, flexiblen Stimmsitz und liegt dazu bedeutend höher als Wagners Musik. Gerade solche Wechsel machen den Beruf für mich spannend.

Nach welchen Kriterien haben Sie bei Ihrem Album Strauss- und Wagner-Lieder bzw. -Arien zusammengestellt?
Der Dirigent Thomas Rösner und ich wollten möglichst viele original von Richard Strauss in­strumentierte Orchesterlieder finden. Lieder, die dazu auch seine unglaubliche Farbigkeit im Schreiben zeigen. Bei den drei Szenen von Richard Wagner stelle ich meinen Weg vom Lohengrin über Stolzing bis zum Tannhäuser 2027 vor. Es musste auch ein Repertoire sein, mit dem sich ein türkisches Orchester auf dem europäischen Markt profilieren kann, denn das war unser Deal für eine Zusammenarbeit. Das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra ist ein fantastischer Klangkörper. Die Musiker brennen. In der Türkei haben sie dazu einen wichtigen Kulturauftrag. Christopher Tarnow, der Tonmeister meiner vorangegangenen CDs „Heimat“ und „Un-Erhört“, leitete auch diese Aufnahme – es war eine äußerst inspirierende Zeit. Ich denke, das hört man auf dem Album.

Neu erschienen:

Richard Wagner, Richard Strauss

„Richard“. Orchesterlieder

Daniel Behle, Philharmonisches Orchester Borusan Istanbul, Thomas Rösner

Prospero/Note 1

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Susanne Benda, 09.12.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023



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