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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Zwar gibt es nicht mal den Standort, doch schon wird Kritik am Vorhaben Düsseldorfer Opernneubau laut (hier einer der prämierten Entwürfe) © HHA ingenhoven associates, Düsseldorf mit West 8, Rotterdam

Pasticcio

Wunsch und Wirklichkeit

Als unlängst die jüngsten Auslastungszahlen des Dortmunder Stadttheaters veröffentlicht wurden, rieben sich nicht wenige die Augen. Denn in der Spielzeit 2021/22 kam man über eine katastrophale Auslastung von 27 Prozent nicht hinaus. Und dies in einer Saison, als man geglaubt hatte, dass das nach Theater hungrige Publikum nach den coronabedingten Maßnahmen und Schließungen das Haus stürmen würde. Aber nichts da. Weshalb in Dortmund momentan auch darüber spekuliert wird, ob man das Haus nicht abwickeln soll.
Das aber dürfte ein großer Fehler sein. Denn zumindest formal spricht sich die mehr als nur überwiegende Mehrheit der Deutschen für den Erhalt solcher Kultureinrichtungen aus. Sage und schreibe 91 Prozent sind es, die laut einer vom Liz Mohn Center der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegebenen Studie für ein reiches Angebot etwa von Theater und Oper plädieren. Eine beeindruckende Zahl. Und wenn sie stimmt, muss man sich natürlich fragen: Wieso spiegelt sich denn diese Zahl nicht auch in den Dortmunder Theatersitzreihen wider?
Die Antwort gibt darauf ebenfalls die Studie. Und die fällt ziemlich ernüchternd aus. Da heißt es: „Sowohl in der gesamten Bevölkerung als auch in der Generation der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren interessieren sich zwei Drittel gar nicht oder weniger stark für Theateraufführungen, klassische Musikkonzerte, Oper-, Ballett- und Tanzaufführungen. Vier von fünf Befragten gaben an, klassische Angebote wie diese in den letzten zwölf Monaten gar nicht wahrgenommen zu haben. 37 Prozent der Befragten waren noch nie in einem klassischen Musikkonzert oder in einer Oper-, Ballett- oder Tanzaufführung (Theateraufführungen: 10 Prozent). Viele der 18- bis 29-Jährigen haben das Gefühl, das Angebot richte sich gar nicht an sie (43 Prozent) – sie fühlten sich dort fehl am Platz (39 Prozent).“ 91 Prozent wollen ein großes kulturelles Angebot. Doch nur ein Drittel nimmt es wahr. Diese Kluft können sich selbst die Kulturexperten des Liz Mohn Centers nicht erklären.
Würde man gerade diese Passage der Untersuchung nun für bare Münze nehmen, müsste man eigentlich sofort auch in Düsseldorf ein Großprojekt stoppen. Dort soll das marode Opernhaus an der Heinrich-Heinrich-Allee abgerissen und durch einen schmucken Neubau ersetzt werden. Die Master-Pläne liegen schon vor. Und Düsseldorfs OB Keller will das gegen mögliche Widerstände durchziehen, die sich etwa angesichts der Kosten formieren. Aktuell macht eine Milliarde Euro die Runde. Und was sagt der OB dazu? Er räumt ein, dass man erst Kassensturz machen kann, wenn der Bau fertig ist. Zudem kann sein Amtsnachfolger dann nur beten, dass sich das Interesse bei der breiten Bevölkerung an der Gattung „Oper“ maßgeblich verändert hat. Nicht, dass man dann auch bei einer Auslastung um die 35 Prozent rumkrebst.

Guido Fischer



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