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Moustache und rheinischer Humor: Konzerttechniker Franz Mohr † © Papa1234/Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0
Klaviertechniker müssen nicht nur ein ultrafeines Gehör besitzen, sondern gleichermaßen handwerkliches Geschick. Und bisweilen muss man sich sogar im Baumarkt umtun, um dem Kunden für sein Problemchen eine passende Lösung anzubieten. Mit solchen Schwierigkeiten wurde Franz Mohr sein halbes Berufsleben lang sattsam konfrontiert. Immerhin war der gebürtige Rheinländer ab 1968 in New York Chefkonzerttechniker von Steinway & Sons. In dieser Funktion betreute Mohr nur die Großen der Pianistenzunft, von Arthur Rubinstein über Maurizio Pollini bis Martha Argerich. Zu den besonderen Herausforderungen zählte für Mohr aber die Zusammenarbeit mit Glenn Gould. Denn der kanadische Jahrhundertpianist besaß gleich mehrere Marotten. So hielt er etwa standhaft an seinem quietschenden Stuhlskelett fest, das jeden Tontechniker zur Weißglut bringen konnte. Mohr wusste das natürlich. Und so rückte er eines Tages – zwischen zwei Aufnahmesessions – dem Stuhl mit einem Schmiermittel Marke „WB 40“ zu Leibe. Vergeblich. Das vierbeinige Ding wackelte weiter.
Mit solchen Anekdoten konnte Mohr ganze Bücher füllen und Zuhörer rund um den Globus bei seinen vielen Vorträgen hochgradig amüsieren. Franz Mohr – das war eben nicht nur eine Instanz hinter den Konzertkulissen. Wenn es ein Klaviertechniker zur medialen Berühmtheit geschafft hat, dann war es der aus Nörvenich stammende Mann mit dem markanten Moustache und der einnehmenden Persönlichkeit. Den Weg in die Neue Welt hatte er 1962 gewagt, als er in der Düsseldorfer Steinway & Sons-Filiale auf eine Anzeige gestoßen war. In New York waren Klaviertechniker gefragt. Und nachdem er zunächst zum Assistenten des Chefkonzerttechnikers Bill Hupfer berufen wurde, rückte er 1968 auf dessen Posten nach und sorgte fortan bei allen in New York gastierenden Steinway-Pianisten für den gewünscht perfekten Sound und Anschlag. Rudolf Serkin und Keith Jarrett, Alfred Brendel und Daniel Barenboim – sie alle konnten sich auf Mohrs Ohren und Händchen verlassen. Doch mit einem Pianisten entwickelte sich ein ganz spezielles Vertrauensverhältnis. Es war Vladimir Horowitz, der Mohr dermaßen schätzte, dass er ihm sogar das obligatorisch vor jedem Auftritt bar ausgezahlte Honorar zur Aufbewahrung in die Hände drückte.
Nun ist Franz Mohr im Alter von 94 Jahren in New York gestorben. Und irgendwo im 7. Pianistenhimmel dürfte ihn jetzt Horowitz mit jenen Worten verschmitzt begrüßen, die er jedes Mal ausrief, wann immer es ein Problem mit dem Steinway gab: „Holt sofort Franz!“
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