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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Interview · Gefragt

(c) Igor Cat

Cuarteto Casals

Beethovens Blase

Das Cuarteto Casals gehört zu den „Big Five“ der internationalen Streichquartette. Und jetzt neu – auch mit Beethoven!

Klären wir im Vorübergehen einmal die Frage, worin das unverwechselbar Besondere des Cuarteto Casals bestehen mag. Gegründet vor 20 Jahren in Barcelona, gehören die vier Spanier zu den ‚Big Five’ internationaler Quartett-Formationen. Faktum Nr. 1: Nur dieses Quartett benutzt, soweit wir wissen, drei unterschiedliche Bögen. Einen fürs Barock, einen anderen für die Klassik. Einen dritten für die Moderne. „Nur so können wir für jede Epoche die jeweils eigene Sprache des Komponisten finden“, sagt Vera Martínez Mehner, erste Geige des Ensembles.
Faktum Nr. 2: Die ‚Casalse’ proben anders als andere. „Bei täglich viereinhalb Stunden darf jeder von uns genau eine Stunde lang vollständig bestimmen, woran wie geprobt wird“, so Martínez Mehner. Das geht reihum. „So sparen wir uns endlose Diskussionen über die Semantik: darüber, was einzelne Stellen zu bedeuten haben“, ergänzt Bratscher Jonathan Brown. Man probe ganz aus der Praxis heraus. „Geschichtchen und Witze ergänzen wir nach der Probe.“
Und Nr. 3: Die beiden 1. Geigen wechseln einander ab. „Es ist besser so und hat sich bewährt“, so heißt es. Auf diese Weise haben wir es beim Cuarteto Casals mit einem grunddemokratischen Kammermusik-Gebilde zu tun, welches dies Prinzip auch in der Arbeitsweise verankert hat. Folge und Fazit: Spitzenpositionen sind kein Zufall. Das kommt davon!
Wie die meisten heutigen Quartette haben auch sie bei Walter Levin (Primarius des La- Salle Quartets) und beim Alban Berg Quartett studiert. Losung: Perfektion & Professionalität. „Wir versuchen, eine gleichmäßige Balance der vier Stimmen herzustellen“, so Martínez Mehner. Also: nicht ein Super-Geiger, der von drei Streichern begleitet wird, so wie das zu Joseph Joachims Zeiten der Fall war, welcher mit wechselnden Partnern spielte. „Jede Formation, trotz derselben Lehrer, hat eigene Schlüsse aus den Lehren gezogen“, so Martínez Mehner. „Wir leben in verschiedenen Blasen“, so Brown. Beruhigend.
Zum 15-jährigen Bestehen hatte man sich einen integralen Schubert-Zyklus geschenkt. Zum 20-Jährigen folgen jetzt – sukzessive auf CD – sämtliche 16 Beethoven-Quartette. Einen Zyklus früherer Kollegen, den man vollkommen gelungen findet, kennen die Mitglieder eigentlich nicht. „Ich fand einige späte Quartette vom Takács Quartet sehr schön“, so Martínez Mehner. „Die langsamen Sätze hat niemand schöner gespielt als das Busch-Quartett“, so Brown.
Der Unterschied zu Namenspatron Pablo Casals besteht übrigens darin, dass der Jahrhundert- Cellist stets auf Darmsaiten spielte. Das tut – schon aus praktischen Gründen – heute niemand mehr (mit Ausnahme des Quatuor Mosaïques und des Eroica Quartet). „Kürzlich hat uns ein Kollege gesagt, wir hätten geklungen, als hätten wir auf Darmsaiten musiziert. Das war das größte Kompliment für uns“, so Brown. Besonders fürs Cello wäre die Wahl historischer ‚Originalklang-Saiten’ zu aufwändig. „Da wir auch Bartók und Schostakowitsch spielen, müssten wir sonst mit zwei Celli reisen. Und das“, so Martínez Mehner, „können wir uns nicht einmal leisten“. Dann eben stahlgebadet. Findet trotzdem den eigenen Ton.

Erscheint Mitte Juni:

Ludwig van Beethoven

„Inventions“ – Sämtliche Streichquartette Vol. 1

Cuarteto Casals

harmonia mundi

Robert Fraunholzer, 16.06.2018, RONDO Ausgabe 3 / 2018



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