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(c) Ida Zenna
Lautten“ mit Doppel-T. Die Alte Musik-Truppe um Wolfgang Katschner blickt weiter in die Vergangenheit zurück als so manch andere (mindestens bis zur Renaissance). Das hat nicht nur auf die Schreibweise abgefärbt. Sondern das Ensemble auch stiller und demütiger gemacht. „Mein Naturell ist relativ leise“, sagt Katschner, „das liegt an meinem Instrument“. Als Lautenist höre er nicht so sehr „melodiebetont“ wie vielleicht andere; sondern eher „in der Fläche“. Für sein Alte Musik-Ensemble wählt Katschner in der Regel „die knappste Besetzung“, damit alle Farben hörbar sind. Dieses Transparenz-, Dezenz- und Latenz-Ideal hat sich zum unverwechselbaren Klangprofil der Lautten Compagney entwickelt. Sie ist der Leisespieler der Alten Musik. Endlich einmal!
Jetzt hat man – nach einem erfolgreichen Album mit rein instrumental besetzten Händel- Arien – die Kunst musikalischen Understatements auf jene Gipfelwerke unserer Musikgeschichte angewandt, die noch immer nur eine verschwindende Zahl von Cracks wirklich kennt. Bachs Kantaten, obwohl absolutes Herzstück seines OEuvres, fristen im Bewusstsein heutiger Konzertgänger und CD-Hörer nach wie vor ein Schattendasein. Sie haben den Weg aus dem Kirchenraum hinein in unseren Hörschatz nie so recht gefunden, abgesehen natürlich von ein paar Choral- Schmankerln wie „Schafe können sicher weiden“, die durch Bearbeitungen berühmt wurden. Ansonsten bilden Bachs 224 Kantaten einen akustischen Mount Everest, bei dessen Besteigung man für jeden Schleichweg dankbar sein darf.
Die meisten Arien, Choral-Duette, Gavotten und Ciaconnen, die Katschner und die Seinen auf ihrer neuen CD in Instrumentalbearbeitungen darbieten, sind denn auch ebenso rar wie herrlich. „Verzage nicht“ BWV 42 zum Beispiel. Oder „Nun verschwinden alle Plagen“ BWV 32. Ob die „Höllische Schlange“ BWV 40 oder „Wir zittern und wanken“ BWV 105: Ohne den Text der Vokalstimme geht den Werken vielleicht manches von der pietistischen Inbrunst ab, die – auch für Wolfgang Katschner, wohlgemerkt – einen Schlüssel zum tieferen Verständnis der Musik bildet. Sei’s drum: In der Geschichte der Bach-Bearbeitungen stellt diese CD eine Jausen-Station entspannten Glaubens dar.
Vielleicht liegt’s am relaxten Dirigierstil des Mannes, der von der Laute aus sein Orchester dirigiert. Sein Instrument hängt am Bande und kann deswegen nicht runterfallen. Trotzdem dirigiert Katschner als eine Art einarmiger Barock-Bandit, denn er hat zum Leiten nur eine Hand frei. Und außerdem natürlich den Rest seiner selbst. „Ich dirigiere eigentlich mit dem ganzen Körper“, gibt er freimütig zu.
Sein 1984 gemeinsam mit Hans-Werner Apel gegründetes Ensemble war ursprünglich ein Lauten-Duo. Das war noch in Ost-Berlin. Die „große“ Erweiterung, hin zum Orchester, kam 1996, als man bei den Musikfestspielen Potsdam-Sanssouci die Oper „Amore doppio“ von Giovanni Battista Bononcini aufführte. Auf Bearbeitungen stützt man sich von jeher ohne Bedenken. Schließlich besteht, so Katschner, „etwa 80% der Lautenliteratur des 16. Jahrhunderts aus Bearbeitungen“. Mit der Lautten Compagney, die bei Bedarf ja durchaus auch lautere Register verpflichtet, verfügt die verfeinerte, verfeinernde Sicht auf die Barockmusik über ihre vielleicht prägnanteste Stimme. Genussreich in jeder Besetzung. Auch beim – etwas feiner abgeschmeckten – Bach.
Robert Fraunholzer, 24.09.2016, RONDO Ausgabe 4 / 2016
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