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Peter Eötvös (c) Marco Borggreve
Ein Opernhaus, das ohne „Hänsel und Gretel“ auskommen kann: Das nenne ich wahren Wohlstand! Seit 1948 wurde Engelbert Humperdincks lukrativer Märchen-Schocker an der Wiener Staatsoper nicht mehr gegeben. Erstaunlich! Daraus folgt freilich nicht, dass man die Hexe (grell: Michaela Schuster) mit langer Nase und Corbusier-Brille ausstaffieren muss, als handele es sich um eine Juden-Karikatur, durch die man die Rolle 1937, wie im Programmheft zu sehen ist, entstellte. Regisseur Adrian Noble, für den das Knusperhaus eine Torte ist, wird sich wohl nichts dabei gedacht haben … Sängerisch müssen wir unsererseits hier nicht allzu viel denken. Außer Daniela Sindram, die einen wunderbar melancholischen Hänsel singt, bietet die Wiener Staatsoper – nach etlichen Umbesetzungen – kaum Sänger, die dem guten Ruf genügen. Christian Thielemann muss es richten. Man staunt, wie sehr er „Hänsel und Gretel“ als „Meistersinger“-Derivat plausibel machen kann – durchrhythmisiert mit zuschnappenden Schlagbatterien, singendem Schellenkranz und bissigem Triangel. Erstaunlich sinnfällig. Thielemann macht hörbar, wie sehr Humperdinck ‚auf Wagner- Lücke’ produzierte: dort ansetzend, wohin der Meister selber nur lugend vorausgedacht hatte. Das reicht schon für eine sentimental einlullende, orchestrale Märchen-Zauberstunde.
Im Café Imperial, unserer Wiener Basis- Station, denken wir heute über alte Leute nach. Christian Thielemann etwa zeigt in letzter Zeit eine Vorliebe etwa für Maurizio Pollini (74) und Menahem Pressler (92). Seit Günter Wand und Georges Prêtre wissen wir, dass jenseits der Pensionsgrenze musikalische Verjüngungsreflexe einsetzen können, die auf Publikum vielleicht überspringen. Eines ungeheuren Kursanstiegs etwa erfreut sich derzeit – neben Rudolf Buchbinder (69) – auch die wunderbare Elisabeth Leonskaja (70). Zu lange hat man sie hauptsächlich als Seelentrösterin von Svjatoslav Richter angesehen (den sie früher bei Konzertreisen oft begleitete). Im Konzerthaus darf sie spielen, was sie derzeit am besten von allen kann: Schubert-Sonaten (21.2.). In den Musikverein kommt sie kurz danach noch mit zwei weiteren Programmen (24.2., 9. – 11.3.). Hier gibt es außerdem Evgeny Kissin (2.3.), Giovanni Antonini (mit seinem vorzüglichen Haydn-Projekt, 11.3.) sowie Mariss Jansons mit dem BR-Orchester (13./14.3.). Im Konzerthaus singt Thomas Hampson Musical-Klassiker (16.2.), danach romantische Lieder der wenig bekannten Art (26.2.). Cornelius Meister huldigt mit dem RSO dem 90-jährigen Friedrich Cerha (3.3.). Murray Perahia gibt einen seiner nicht häufigen Klavierabende (14.3.).
Originelles haben die Opernhäuser zu bieten: „Der Kongress tanzt“ von Werner Richard Heymann (nach dem Film mit Lilian Harvey) an der Wiener Volksoper (ab 20.2.)! Hausherr Robert Meyer inszeniert sich selbst als Fürst Metternich. Bald danach: „Fürst Igor“, inszeniert von Thomas „SchuMi“ Schulte-Michels (ab 19.3.). Hinhörenswert gewiss auch Rossinis „Otello“ am Theater an der Wien (mit John Osborn, ab 19.2.). Sehenswert dort Robert Carsens neue „Agrippina“ (ab 18.3.). An der Wiener Staatsoper widmet sich derweil bei „Tre sestri“ der Komponist Peter Eötvös (auch am Pult) seiner inzwischen zum Hauptwerk der gemäßigten Moderne aufgestiegenen Tschechow-Ware. Das Werk ist nicht übel; dermaßen erfolgreich aber ist es erst dank der rührend kommunikativen Art geworden, in der sich Eötvös um seine Sachen kümmert. Er ist der auskunftsfreudigste Komponist von allen! Grundsätzlich: Alt(meisterlich) zu sein, damit kann man nicht früh genug anfangen. Ober, zahlen!
Robert Fraunholzer, 20.02.2016, RONDO Ausgabe 1 / 2016
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