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Wer diese sinnliche, von dunklem Samt überzogene Stimme hört, kann eigentlich kaum anders als ins Träumen geraten. Das Prachtorgan gehört einer jungen Frau aus Georgia, die vor einigen Jahren bei einem Billie-Holiday-Tribute für die große weite Welt entdeckt wurde und nun mit ihrem zweiten Album gleich ein paar Sprossen auf der Karriereleiter auf einmal nimmt. „Dreaming Wide Awake“ ist es überschrieben, was übersetzt so viel heißt wie „mit offenen Augen Träumen“. Der Titel der CD ist gleichzeitig eine Beschreibung und eine Danksagung für eine bezaubernde Eigenheit der Sängerin. Früher hat ihre permanente Tagträumerei Lizz Wright häufig Scherereien eingebracht, heute nutzt sie das Phänomen ganz bewusst, um sich in eine Parallelwelt zu versetzen. Auf der Bühne gilt für die 25- Jährige: „Wenn ich singe, befinde ich mich an einem Ort, an dem die Zeitlosigkeit herrscht.“ Und im Alltagsleben setzt sich die Tagträumerei fort: „Neulich habe ich mich erst gefragt, warum ich so weit von zu Hause weg an die andere Küste (sie lebt jetzt in Seattle an der Pazifikküste) gezogen bin. Jetzt weiß ich es: weil ich nun endlich von meiner Heimat träumen kann. In meinen Tagträumen liegt so etwas wie Flucht, aber auch Erleichterung. Ich möchte nie vergessen, wie faszinierend verschiedene Dinge für mich sind, möchte nicht, dass meine Wirklichkeit verflacht.“
Lizz Wrights musikalische Wirklichkeit begann in einer Kirche. Nicht gerade ungewöhnlich für eine Sängerin schwarzer Hautfarbe. Bereits als kleines Mädchen schmetterte sie im Gospel-Chor der Gemeinde ihres Vaters das Halleluja. Daddy, ein arg gestrenger Pfarrer, betrachtete übrigens Musikstile wie Jazz, Blues und Soul als Ausgeburt des Teufels. Heute, sagt Lizz Wright, sieht er die Dinge etwas lockerer und outet sich als großer Fan seiner Tochter. Damals aber, als der Herr Papa beim Wort Jazz immer gleich Schwefelgeruch wahrzunehmen glaubte, musste Lizz Wright ihrer Familie den Rücken zukehren, um ihre musikalischen Träume zu verwirklichen. Sie nahm an College-Jazz-Programmen teil, hat sich zeitweise auch mal im Opernfach bewegt und schnupperte nach und nach in alle möglichen musikalischen Bereiche hinein.
Ihre bunte musikalische Vergangenheit und auch, dass sie heute privat eher Singer-Songwritern wie Joni Mitchell oder Jeff Buckley lauscht, ist auf „Dreaming Wide Awake“ unüberhörbar. In dem vom Meisterproduzenten Craig Street (Cassandra Wilson, Holly Cole, K. D. Lang) betreuten Balladenwerk fließt irgendwie alles sanft ineinander: Jazz, Folk, Blues, Gospel, Pop, Soul, R & B. „Diese ganzen Kategorien sagen doch oft gar nichts aus. Am Ende ist wichtig, was jemand in einem Song zu erzählen hat. Unter Marketing- Gesichtspunkten mögen Genregrenzen wichtig sein. Gerade aber in unseren Zeiten erscheinen sie mir total sinnlos. Ich bin von so vielen Dingen beeinflusst. Aber so sehr sie sich unterscheiden mögen, so viele Verbindungslinien gibt es auch.“ Plötzlich schweift ihr Blick ins Leere. Träumt sie schon wieder, als sie die folgenden poetischen Worte spricht: „Ich fühle mich wie eine Brücke, die an ihren Enden verschiedene Formen von Kultur, Musik und Religion weiß, die einander brauchen.“ Ssirus W. Pakzad
Verve/Universal
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