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Es treffen aufeinander: ein pianistischer Querkopf, der gern eigene Wege geht (Martin Stadtfeld), ein Orchester, dessen Stärke darin liegt, einen großen Klangschmelz zu zaubern (das NDR-Sinfonieorchester), und ein Dirigent, der es gewohnt ist, sich ohne Worte mit seinen Musikern auf dem Boden der historischen Musikpraxis zu verständigen (Bruno Weil). Die Konstellation könnte zu einem Machtkampf führen, den einer für sich entscheidet. In diesem Fall sind die drei Parteien so selbstbewusst, dass sie sich gemeinsam mit Neugier und Offenheit auf die beiden Moll-Konzerte von Mozart eingelassen haben.
Der Charakter der Klavierkonzerte wird wesentlich von Mozarts Wahl der Moll-Tonarten bestimmt. „d-Moll im Klavierkonzert Nr. 20“, so erklärt Bruno Weil, „deutet auf dieses ‚Außerirdische‘, wenn man das mal so sagen kann. Es charakterisiert im ,Don Giovanni‘ und im ,Requiem‘ das Schicksal, das von außen kommt. Die Tragik des c-Moll ist hingegen eine persönliche Tragik.“ Bruno Weil sieht sie in einem Zusammenhang mit den „schwarzen Löchern“, von denen Mozart in einem Brief an Michael Puchberg schreibt. „Schwarze Gedanken, das sind eindeutig schwerste Depressionen. Ich bin der Überzeugung, dass sie in der Musik ganz klar zum Tragen kommen.“ Zur großen Erleichterung des Dirigenten hat Martin Stadtfeld das genauso gesehen. „Wir waren uns einig über diese ganz spezielle Tonartensymbolik bei Mozart, die ja in den Opern klar und deutlich zu erkennen ist.“ Die Art, wie Mozart die Personen in seinen Opern charakterisiert, wurde für die Musiker zum Schlüssel für die Rhetorik der Klavierkonzerte. Orchester und Solist reagierten in einer Art Frage- und Antwortspiel aufeinander, was die Transparenz des Orchestersatzes zur Geltung bringt. Martin Stadtfeld spielt auf einem modernen Steinway, sein Spiel aber klingt, als habe er auf einem Hammerklavier geübt, und die Musiker des Orchesters reagieren auf diesen „Stadtfeld-Sound“.
Pianist und Dirigent waren der Meinung, dass Mozart in diesen Konzerten Feinheiten der Artikulation von den Interpreten verlangt, wie sie vorher noch nicht gefordert waren. Sie wirken in dieser Aufnahme – wie selten sonst – ganz aus einem Guss. Und das hängt nicht zuletzt auch mit der Wahl der schnellen Tempi in den Mittelsätzen der Konzerte zusammen.
Angesichts des bevorstehenden Mozart-Jahres gefragt, ob man das Mozart-Bild immer wieder korrigieren müsse, antwortet der erfolgreiche Dirigent: „Es wird zu viel über Mozart und zu wenig über seine Musik geredet.“ Bruno Weil spricht von Mozart aus tiefster Überzeugung: „Wenn man seine Musik aus dem inneren Zusammenhang heraus begreift, dann versteht man auch den Menschen Mozart. Und wenn man sieht, dass er wie kein anderer die menschliche Seele berühren kann, dann ist der Punkt erreicht, wo es eben nicht mehr weitergeht.”
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Puchberg war Mozarts Ordensbruder („OB“) in der Freimaurerloge „Zur Wohltätigkeit“ und gleichzeitig sein Hauptgläubiger. Zwischen 1788 und 1791 half er dem Komponisten mit großen Geldsummen aus, die ihm erst Mozarts Witwe zurückzahlen konnte. 1792 wurde Puchberg geadelt, starb 1822 jedoch selbst verarmt.
Verehrungswürdigster OB, liebster bester Freund!
Ich habe immer geglaubt dieser Tagen selbst in die Stadt zu kommen, um mich bei ihnen wegen ihrer mir bewießenen Freundschaft mündlich bedanken zu können – Nun hätte ich aber nicht einmal das Herz vor ihnen zu erscheinen, da ich gezwungen bin, Ihnen frey zu gestehen, daß ich ihnen das mir geliehene ohnmöglich sobald zurückzahlen kann, und sie ersuchen muß mit mir Gedult zu haben! – daß die Umstände dermalen und Sie mich nach meinem Wunsch nicht unterstützen können, macht mir viele Sorgen! – Meine Laage ist so, daß ich unumgänglich genöthigt bin Geld aufzunehmen. – aber Gott, wem soll ich mich vertrauen? Niemanden als ihnen, mein Bester! – Wenn Sie mir nur wenigst die Freundschaft thun wollen, mir durch einen andern Weg Geld zu verschaffen! – ich zahle ja gerne die Intereßen, und derjenige der mir lehnte, ist ja durch meinen Charakter u. meine Besoldung glaub ich gesichert genug – es thut mir leid genug, daß ich in diesem Falle bin, ebendeßwegen wünschte ich aber eine etwas ansehnliche Summe auf einen etwas längeren Termin zu haben, um einem solchen Falle vorbeugen zu können. – Wenn Sie werthester Br: mir in dieser meiner Laage nicht helfen, so verliere ich meine Ehre und Credit, welches das einzige ist, welches ich zu erhalten wünsche. – [...] Kommen Sie doch zu mir und besuchen Sie mich; ich bin immer zu Hause; – ich habe in den 10 Tagen daß ich hier wohne mehr gearbeitet als in andern Logis in 2 Monat, und kämen mir nicht so oft so schwarze Gedanken (die ich nur mit Gewalt ausschlagen muß) würde es mir noch besser von Statten gehen, denn ich wohne angenehm, – bequem – und – wohlfeil! – ich will sie nicht länger mit meinem Gewäsch aufhalten, sondern schweigen und hoffen.
Ewig ihr verbundener Diener wahrer Freund u. O. B. W. A. Mozart d. 27. Juny 1788.
Margarete Zander, 28.02.2015, RONDO Ausgabe 4 / 2005
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