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Es gibt Werke, die begleiten Musiker über Jahre, die geben ihnen immer aufs Neue Rätsel auf, die verführen stetig zu neuen Lösungen. Solch ein Werk ist für Gidon Kremer, Geiger und Chef der Kremerata, das Streichquartett G-Dur von Franz Schubert. Er hat es 1985 auf eine USA-Tournee und 1992 auf eine Europa-Tournee mitgenommen. Jetzt gibt es eine Orchesterversion dieses Stückes von Victor Kissine und, so Kremer: „Ich konnte natürlich nicht der Versuchung widerstehen, dieses sogar in der Originalbesetzung nahezu unspielbare Werk in einer Orchesterfassung kennen zu lernen.” Der Weg war weit, ein Briefwechsel zwischen Kremer und Kissine legt Zeugnis ab über das Ringen um eine Form, die dem Werk angemessen sein könnte. Der Maßstab ist hoch. Kremer hat das Werk in seinen Interpretationen immer schon ins Metaphysische gerückt.
Victor Kissine konzentriert sich auf die Prozesshaftigkeit des Stücks. Das Ganze ist ein Werk des Anwachsens: Einatmen zu Beginn des ersten Satzes, Ausatmen zu Beginn des zweiten. Das unisono gespielte „h“ im zweiten Satz fungiert als Spanne zwischen Erinnerung und Gegenwart, als Fokussierung eines Schwebezustandes. Takt für Takt begründet Kissine seine Entscheidung für Pizzicati, Glissandi und andere Phrasierungen. Maßstab ist die Wirkung: „Sie ist in ihrer Naivität so wunderbar! ... vom himmelhohen E-Dur bis zur bodenlosen Finsternis von e-Moll.” Wie im Fluchtpunkt eines romantischen Gemäldes verflechten sich im dritten Satz „alle Fäden des Quartetts zu einem goldenen Knoten”. Die Schwindel erregende Wirkung wird im vierten Satz zum „Amok” gesteigert, das Tempo löst sich zum „Atem des Todes” auf.
Die Reize beim Hören des Originals mit seinem frappierend schlanken, gläsern-zerbrechlichen Streichquartettklang erreichen durch die wirkungsgerichtete Analyse eine ganz andere Tiefe. Man erlebt die orchestrale Dimension im Streichquartett neu und staunt – auch und vor allem über Schubert ... Kissine/Kremer bieten eine gelungene Studie.
Margarete Zander, 21.02.2015, RONDO Ausgabe 5 / 2005
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