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RONDO: Herzlichen Glückwunsch, Herr Repin, zum tollen Auftritt mit Bruchs g-Moll-Konzert. Solch ein Leichtgewicht spielen Sie aber sicher mit links.
Vadim Repin: Nein, das würde ich nicht sagen. Es ist auf der Geige schon etwas Besonderes, wenn man es schafft, nur zwei Töne wirklich gut hintereinander zu spielen.
RONDO: Das Beethovenkonzert wird von Geigern gefürchtet, weil die Solostimme so exponiert über dem Orchester schwebt.
Repin: In der Tat. Man kann sich nirgendwo verstecken. Jede Note ist hier bedeutsam, und doch muss man die Musik fließen lassen. Kein Werk macht mich so unsicher wie dieses. Ich bin nervös, jedes Mal, wenn ich es spiele. Es ist eine Liebesgeschichte, und in jeder Liebesgeschichte muss man erst seine Unsicherheit überwinden.
RONDO: Sie sind, wie etwa auch Maxim Vengerov, Ihrem einstigen Lehrer Zakhar Bron bis heute sehr eng verbunden, spielen ihm sogar gemeinsam Geburtstagständchen. Woher kommt diese Anhänglichkeit?
Repin: Bron verdanke ich, dass ich gelernt habe, wie man lernt. Wie man Probleme so gut und schnell wie möglich löst, um keine Energie zu verschwenden. Das ist das Allerwichtigste. Als er von meiner Heimatstadt Nowosibirsk dann an die Hochschule von Lübeck gegangen ist, stellte er eine Bedingung: dass nämlich seine Lieblingsschüler mit ihm kommen und zusammenbleiben dürfen. Darunter waren auch Maxim und ich.
RONDO: Offenbar hat Bron aus jedem etwas Anderes herausgeholt: Vengerovs Beethoven strotzt nur so voll Selbstbewusstsein.
Repin: Vengerov und ich haben grundverschiedene Persönlichkeiten. Und wir haben sie bewahrt. Das prägt nicht nur unser Leben, sondern auch die Art, wie wir Musik verstehen und spielen.
RONDO: Statt, wie üblich, die neue CD mit den beiden Violinromanzen zur komplettieren, haben Sie einen schweren Weg gewählt und mit Martha Argerich die hochkomplizierte Kreutzer-Sonate aufgenommen. Warum?
Repin: Auf das Beethovenprojekt habe ich mich seit mindestens 15 Jahren gefreut. Ich fand als Ergänzung des Konzerts dann die Kreutzer-Sonate von ihrem Gewicht her passender, und ich war überglücklich, dass ich sie zusammen mit Martha Argerich aufnehmen durfte. Wir haben gespielt wie unter Livebedingungen, ein paar Durchgänge im Ganzen ohne Korrekturen, dann hatten wir’s.
RONDO: Was kommt jetzt? Schon irgendwelche Pläne?
Repin: Natürlich! (lacht und schweigt)
RONDO: Na, und welche? In Ihrem bisherigen Repertoire gibt es einige Lücken. Wie wär’s mal mit den Bachsonaten?
Repin: Nicht in den nächsten Jahren. Für diese Werke muss man, wie ein Tonmeister sagen würde, »das Band laufen lassen«. Irgendwann werde ich so weit sein, jetzt bin ich es nicht.
RONDO: Es gibt noch neun weitere Violinsonaten von Beethoven. Wollen Sie nach dem tollen Start das Set nicht vervollständigen?
Repin: Alles braucht seine Zeit. Für die nächsten fünf Jahre habe ich weniger Kammermusik als vielmehr Aufnahmen von Konzerten geplant. Brahms steht da an erster Stelle, den will ich schon seit sehr Langem machen. Weiter möchte ich eigentlich nicht denken. Ich habe eine kleine Familie und einen anderthalbjährigen Sohn, der meine ganze Freizeit in Anspruch nimmt. Es fällt mir sehr schwer, meine Zeit allein für die Geige und berufliche Dinge zu verplanen.
RONDO: Auf Ihrer Internetseite sieht man Sie am Steuer eines ziemlich exklusiven Sportwagens. Steht der jetzt bei Ihnen in der Schweiz vor der Garage?
Repin: Oh nein! Der Spyker hat mich fasziniert, weil man solche Autos, die von Grund auf für den Kunden gewissermaßen per Hand gefertigt werden, kaum irgendwo findet. Aber als Familienvater muss ich praktisch denken. Ich brauche jetzt eher einen Wagen mit großem Kofferraum, in den all die Spielsachen reinpassen.
Raoul Mörchen, 28.06.2014, RONDO Ausgabe 6 / 2007
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