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27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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(c) Wolfgang Schmidt

Stuttgarter Kammerorchester

Auf der Überholspur

Gerade hat das Kammerorchester ein eigenes Label gegründet und gibt nun auch auf eigenen Alben großer Kammermusik ein orchestrales Gewand.

Markus Korselt ist gerade auf der Autobahn auf dem Weg zu einem Konzert, das Stuttgarter Kammerorchester, dessen Intendant er ist, tourt derweil noch in China. Das traditionsreiche Ensemble unter der Leitung von Thomas Zehetmair hat soeben ein eigenes Label gegründet, „SKO records“. Die erste Scheibe mit Beethovens „Serioso“-Quartett, Brahms’ Streichquintett op. 111 und Schönbergs Sextett „Verklärte Nacht“ ist Anfang September erschienen, die zweite folgt jetzt mit Schuberts spätem Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“.
Die Neugründung des eigenen Labels versteht Markus Korselt sowohl als Zeichen der Aufbruchsstimmung als auch als Reaktion auf einen sich rasant verändernden Markt: „Als ich vor etwa sechs Jahren zum Stuttgarter Kammerorchester kam, wollten wir unsere Aufnahmen neu justieren. Wir sprachen mit den üblichen Labels und dabei ist mir klargeworden, dass der Markt sich grundlegend verändert hat. Der Streaming-Markt bestimmt die Agenda, nicht die CD, und wer dort erfolgreich sein will, muss im Besitz der Rechte am eigenen Werk sein, das ist essenziell. Dafür muss ich aber selbst publizieren und mein eigenes Label gründen.“
Korselt sieht Vorbilder in der Branche, wie die Münchner und die Berliner Philharmoniker und betrachtet in der eigenen Initiative „eine Weichenstellung für die Zukunft“. Er habe nun vor allem den Streaming-Markt im Auge, und produziere, „als Derivate für alle, die noch einen CD-Player oder Plattenspieler im Keller haben CDs und auch LPs. „LPs haben inzwischen in den USA die CD-Verkäufe überholt. Liebhaber schätzen aus der Zeit gefallene Dinge wie Vinyl. Wir wollen uns qualitativ einfach maximal aufzustellen. Deshalb ein eigenes Label.“
Korselt sieht das 1945 gegründete Kammerorchester, das lange Zeit ein nicht sonderlich aufregendes Image hatte, gerade auf der Überholspur. Seit 2019 steht das Ensemble unter der Leitung von Thomas Zehetmair und lässt mit neuen Konzertformaten und experimentellen Projekten aufhorchen, bei denen Virtual und Augmented Reality zum Einsatz kommen. „Wir suchen den Brückenschlag in die Zukunft, im Konzertformat ‚Sternstunden‘ spüren wir musikalische Parallelen von Iron Maiden und Vivaldi auf, dabei geht es aber um tiefere Zusammenhänge und dramaturgische Korrelationen. Und im Bereich Digitalprojekte steht ein Blockbuster Projekt in Baden-Baden an: ‚Der Tod und das Mädchen‘, dazu tanzen Tänzerinnen und Tänzer in Prag auf der Bühne der Nationaloper und in Baden-Baden sehen wir die Tanzenden als Hologramme.“
Den Frack hat das SKO schon lange abgeschafft, „überfällig“ findet das Korselt, und seit 2022 spielt das Ensemble konsequent nicht mehr aus Noten, sondern vom Tablet. Die Idee, Gipfelwerke der Quartett- bis Quintettliteratur für Kammerorchester zu adaptieren findet Korselt nur konsequent: „Wir sind ein sehr gut aufeinander eingespielter Klangkörper und zeigen damit, was wir im Kern machen. Wir bringen einen neuen Aspekt zum Klingen, nämlich die orchestrale Dimension dieser Werke. Das Brahms-Quintett nennen wir intern nur noch die Streichersinfonie.“

Neu erschienen:

Franz Schubert

Quartett Nr. 14 d-Moll, D 810 „Der Tod und das Mädchen“, Bearbeitung für Kammerorchester

Stuttgarter Kammerorchester, Thomas Zehetmair

SKO/Naxos

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Regine Müller, 14.10.2023, RONDO Ausgabe 5 / 2023



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