home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Pasticcio

Aus alt mach neu: Thomaskantor Gotthold Schwarz (c) Matthias Knoch/Thomanerchor Leipzig

Pasticcio

Auch nur dritte Wahl

Das Auswahlverfahren zur Neubesetzung des Thomaskantorats endete am 23. Mai mit einer Überraschung. Keiner der vier Kandidaten der letzten Runde hatte sich im Rahmen seiner Probewoche in den Augen der Auswahlkommission für die Nachfolge auf dem weltberühmten Posten qualifiziert. Stattdessen stoppte die Kommission unter Vorsitz von Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) das Verfahren und schlug dem Stadtrat die Berufung des gar nicht im Auswahlverfahren beteiligten, weil interimistischen Kantors, Gotthold Schwarz (64), vor. Am Donnerstag bestätigte der Stadtrat nun auch offiziell die Wahl, Schwarz ist damit der 16. Thomaskantor nach seinem berühmten Vorgänger Johann Sebastian Bach.
Das Thomaskantorat war freigeworden, als sich der verdienstvolle Georg Christoph Biller nach 22 Dienstjahren aus gesundheitlichen Gründen letztes Jahr zurückzog. Der gebürtige Zwickauer Schwarz, der 1964 selbst Mitglied der Thomaner wurde und unter anderem in Leipzig und Dresden Kirchenmusik und Gesang studierte, ist beim Knabenchor ein alter Bekannter. Seit 1979 leitet er die Stimmbildung der jungen Sänger und sprang nach 1990 zu verschiedenen Gelegenheiten als Stellvertreter des Thomaskantors ein. Mit der Ernennung von Schwarz für die nächsten fünf Jahre hat sich Leipzig für einen Musiker entschieden, der dem Chor nicht erst nach seiner Ernennung engagiert und kenntnisreich zur Seite steht. Für die vier heimgeschickten Finalkandidaten wird indes ein schaler Beigeschmack mit diesem Auswahlverfahren verbunden bleiben, das ihnen – wenn auch nur indirekt – ein für dieses hohe Amt letztlich fehlendes Format attestierte. Für die Geschäfte und das Ansehen des Chors ist die „Vollbremsung“ der Findungskommission hingegen zu begrüßen, werden mit der Bestallung von Schwarz nun wieder die Ressourcen für das musikalische Tagesgeschäft, die Konzerte und Tourneen frei. Auch für Schwarz, der seine Wahl mit Freude und bescheidenem Verweis auf die nun anstehende Arbeit entgegennahm, besteht kein Grund zur Verstimmung, im Gegenteil. War sein Amtsvorgänger Bach doch 1722 nach Georg Philipp Telemann und Christoph Graupner sogar nur die dritte Wahl für den Posten. Und wie sich zeigte: Die beste.

Carsten Hinrichs



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Pasticcio

Größe statt Glamour

Es gibt Ehen zwischen Orchester und Dirigent, die halten ein Leben lang. Denn selbst wenn man sich […]
zum Artikel

Gefragt

Isabelle Faust

Teufels Geigerin

Aus Konzert wurde Kammermusik: Mit Musikerkollegen und Dominique Horwitz hat sich die Violinistin […]
zum Artikel

Festival

Der NORDEN & der OSTEN

Liebe zur Landschaft und zur großen Musiktradition

Die Festivals im Norden und Osten der Republik starten wieder durch mit Staraufgeboten und […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Es erhielt 1885 den 1. Preis im Kompositionswettbewerb des Berliner Tonkünstlervereins und wurde Ende des Jahres in Meiningen unter den Auspizien von Brahms und Bülow uraufgeführt. Komponiert 1883/84, zwischen der 1. Sinfonie und der Burleske für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen […] mehr


Abo

Top