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N° 1356
04. - 10.05.2024

nächste Aktualisierung
am 11.05.2024



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Owl Song

Ambrose Akinmusire

Nonesuch/Warner 7559790185
(42 Min., 3/2022)

Wer dabei war, kann es bestätigen: Das Duo-Konzert von Ambrose Akinmusire und Bill Frisell war der kammermusikalische Höhepunkt des dem Gitarristen gewidmeten „Reflektor“-Festivals in der Hamburger Elbphilharmonie. Der Auftritt machte die große Wertschätzung Frisells für den 30 Jahre jüngeren Trompeter deutlich – schließlich handelt es sich bei der Konstellation um die Grundidee, die Akinmusires inzwischen achtes Album bestimmt.
Auf „Owl Song“ begibt sich der Trompeter gemeinsam mit Frisell und dem Schlagzeuger Herlin Riley zu den naturnahen Wurzeln des Musikmachens. Ähnlich wie auf seiner vorhergehenden Solo-Einspielung „Beauty Is Enough“ erkundet Akinmusire schonungslos genau die Möglichkeiten der Stille, der Wellenbewegungen des Klangs und der rigiden Sparsamkeit. Wobei er mit Frisell den perfekten Partner in puncto musikalischer Ballastvermeidung an seiner Seite hat.
Der Gitarrist verzichtet auf voluminösen akkordischen Begleitzierrat und stützt Akinmusires Melodien stattdessen mit sachten linearen Tönen, kommentiert sie feinsinnig oder doppelt sie hier und da – ganz so, wie zwei intim miteinander vertraute Freunde zur selben Zeit das Gleiche sagen. Manchmal, etwa im „Owl Song 2“, ähnelt Frisell einem aufmerksamen Wildhüter, der die Brut einer seltenen Vogelart zu verwahren hat.
Ähnliches gilt für Drummer Riley, der in seinen Begleitungen behutsam die Felle mit dem Besen streicht, auf den Toms tänzelt und hier und da die Cowbell anschlägt. Dabei verliert er sich nicht im Beliebigen, sondern trommelt stets schlüssige Patterns – wie etwa einen aus seiner Geburtsstadt New Orleans stammenden Groove in einem der zwei Zwiegespräche, die Akinmusire mit seinen beiden Spielpartnern in Duettform abhält.
Der käuzchenhafte, gleichsam aus einem fernen dunklen Wald dringende Sehnsuchtston des Trompeters ist die Seele von „Owl Song“. Man verfolgt seine zwischen Singen, Klagen und Verzücken changierenden Äußerungen, die sich im Laufe des Albums vom Liedhaften wie in „Weighted Corners“ zur abstrakten, melodisch sprunghaften Meditation über die akute Gefährdung der Anmut in einer zunehmend gnadenlosen Welt entwickeln („Grace“), mit steigender Faszination. Ein weiterer Beleg für die Ausnahmestellung von Akinmusire in der aktuellen Jazztrompeter-Szene.

Josef Engels, 16.12.2023


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