home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Responsive image mb-5
Johann Sebastian Bach

„Goldberg-Variationen“ BWV 988

Víkingur Ólafsson

DG/Universal 486 4553
(74 Min., 4/2023)

Noch immer gelten bei den „Goldberg-Variationen“ die Aufnahmen des kanadischen Bach-Rebellen Glenn Gould als Maß aller Dinge. Die Radikalität seiner bereits 1955 und 1981 entstandenen Einspielungen strahlt bis heute auf viele Aufnahmen des einzigartigen Zyklus aus, so auch auf die neue, akustisch herausragende Version des Isländers Víkingur Ólafsson, die mit unbestechlicher Prägnanz Goulds polyphone Klarheit wieder aufleben lässt. Bislang ließ der 39-jährige Starpianist eine Vorliebe für gemischte „Konzeptalben“ erkennen, so sind diese 30 „Veränderungen“ über eine Aria in G-Dur, mit denen Bach als vierte Folge seine „Clavierübung“ im Jahr 1742 abschloss, sein erstes nur einem Werk gewidmetes Album.
Und Ólafsson besteht nicht nur den Vergleich mit Gould glänzend, sondern brilliert hier mit einer der intelligentesten, zwingendsten und aufregendsten Deutungen des Zyklus, die in den letzten Jahren entstanden sind. Auch er ist in erster Linie ein Aufklärer, der die Schönheit und die zwingende Logik des Bach’schen Kontrapunkts, die innere „Vielstimmigkeit“ jeder einzelnen Variation, klar, prägnant und flüssig ausformuliert. Was ihn von Gould unterscheidet, ist die Haptik, der melodische Fluss und die Sinnlichkeit seiner Tongebung, die jede einzelne „Stimme“ wie eine echte menschliche Äußerung von innen mit Leben, mit Atem und Sinn ausstattet und so Bachs strenger kontrapunktischer Logik einen befreienden Subtext des Improvisierten beimischt: Alles Konstruktive, alles polyphone Raffinement ist emotional unterfüttert, mit frischer Lebensenergie aufgeladen, und gewinnt natürlichen Lebenspuls durch die den einzelnen Variationen unterlegten Tanztypen und Bewegungsmuster. Sein perfekt getunter Steinway klingt wie ein Glockenspiel, fein glänzend und mit Perlmutt überzogen, so verströmt der Zyklus auch einen eigenartigen Zauber, der anregt und zugleich beruhigt. Die Botschaft des Isländers ist aufbrausend und zugleich spirituell, tanzende Sterne und tiefste Empfindung, eben Bachs humanes Universum, virtuos transformiert ins 21. Jahrhundert.

Attila Csampai, 28.10.2023


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen


Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19-jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Komponiert 1883/84, zwischen der ersten Sinfonie und der „Burleske“ für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen Instrumentalmusik.

Aus einer viel späteren Schaffensphase, nämlich den letzten Kriegsmonaten 1945, stammen die „Metamorphosen für 23 Solostreicher“. Zu jener Zeit arbeitete […] mehr


Abo

Top