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N° 1356
04. - 10.05.2024

nächste Aktualisierung
am 11.05.2024



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Brad Mehldau

The Folly Of Desire

Ian Bostridge, Brad Mehldau

Pentatone/Naxos PTC 5187 035
(68 Min., 7/2022)

Man wundert sich. Und auch wieder nicht. Brad Mehldau, durch großartige Jazzplatten bekannt gewordener Pianist, legt mit „The Folly Of Desire“ eine Disc vor, die einerseits in der Traditionslinie der romantischen Kunstlieder steht, andererseits auch jazz- und mehldautypische Wendungen aufweist. Damit knüpft er an frühere, mit der „E-Musik“ flirtende Arbeiten zurück. Immerhin hat er schon Renée Fleming eine Recital-Disc mit eigenen Kompositionen zu Rilke-Texten, für Anne Sofie von Otter den Zyklus „Love Songs“ komponiert und eingespielt sowie mit dem Orpheus Chamber Orchestra seine Kammermusiken „Variations On A Melancholy Theme“ aufgeführt und aufgenommen. Zudem hat er sich auf „After Bach“ mit der Kunst der Fuge befasst und eigene Improvisationen entwickelt. Aber derart konsequent und vielschichtig wie auf der „Torheit des Verlangens“ hat er noch nie auf Tonträgern Elemente der Musik des 19. Jahrhunderts und frühen 20. Jahrhunderts fortentwickelt.
Hin und wieder liest (und schreibt) man, bei bestimmten Musikern müsse man sich keine Sorgen um die Zukunft des Jazz machen. Und nun das: Mehldau komponiert im 21. Jahrhundert romantische Kunstlieder im historischen Gewand, basierend auf Gedichten von William Blake, William Butler Yeats, William Shakespeare, Bertolt Brecht, Johann Wolfgang von Goethe, W.H. Auden und E.E. Cummings, die allesamt um das Thema der sexuellen Freiheit kreisen. Der Tenor Ian Bostridge interpretiert sie in einem Tonfall, wie man ihn bei Aufführungen von romantischen Kunstliedern kennt: Mit raumfüllendem, dramatischem Ausdruck. Als Zugabe zur titelgebenden, elf Songs umfassenden Folly-Suite nehmen sich Mehldau und Bostridge noch Franz Schuberts „Nacht und Träume“, die Jazzstandards „These Foolish Things“, „In The Wee Small Hours Of The Morning“, „Every Time We Say Goodbye“ und „Night and Day“ vor. Hier nimmt der Sänger den dramatischen Ausdruck ein wenig zugunsten einer eleganteren, flüssigeren Haltung zurück. Mehldau ist auf dem besten Weg, dem Genre der Kunstlieder neue, auch von anderen Künstlern in Recitals interpretierbare Werke hinzuzufügen.

Werner Stiefele, 21.10.2023


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